Eric – 112

Eric – 112

„Ich möchte mich mit dir unterhalten“, sagte der Scheißkerl. „Immerhin haben wir uns lange nicht mehr gesehen.“

„Du willst dich unterhalten? Jetzt?“, knurrte ich.

Er wischte sich über die Nase, es war eine Bewegung, die ich noch von früher kannte.

Sein Gesicht versteinerte sich. „Warum? Passt es dir gerade nicht? Komme ich ungelegen? Hat mein eigener Sohn keine Zeit für mich?“

„Hau einfach ab“, sagte ich. „Verschwinde aus meinem Leben.“

Er grunzte. „Ich soll verschwinden? Das ist doch wohl eher die Qualität deiner Mutter, nicht wahr? Und du bist auch abgehauen, ich bin nicht der, der verschwindet, Eric.“

„Schade. Denn der solltest du jetzt gerade sein.“

Ich öffnete die Autotür, ich wollte einfach nur weg von ihm, weg von dem, wofür er stand, weg von allem, was ihn betraf.

Er hielt mich am Oberarm fest, sein Griff war noch genauso hart wie früher, und die Erinnerungen an die unzähligen Male, in denen er mich so festgehalten hatte, regneten auf mich nieder. Es war, als wäre ich wieder acht und als wäre er wieder übergroß, übermächtig und überstark. Ich war wieder in unserem Wohnzimmer, das nach Bier stank, ich fühlte den kalten Schweiß auf meiner Stirn und das Adrenalin, das durch meine Adern schoss.

Mein Herz schlug wie verrückt, während plötzlich alles in Zeitlupe ablief und der verdammte Mistkerl die andere Hand hob, um mir eine zu scheuern, und mir danach das Leben aus dem Körper zu prügeln.

„Eric, so sprichst du nicht mit mir“, fauchte der alte Kerl und holte mich wieder ins Hier und Jetzt zurück.

„Nimm deine Drecksfinger von mir.“ Ich starrte ihn an, starrte in seine beschissenen Augen, mit denen er nur sah, was er sehen wollte.

„So sprichst du nicht mit mir“, wiederholte er zornig. „Glaubst du, nur weil du jetzt ein Rockstar bist, kannst du so mit deinem Vater sprechen?!“

„Nein, ich hätte schon viel früher so mit dir sprechen müssen“, stieß ich hervor und schüttelte seinen Griff ab. Für einen Moment wirkte er erschrocken, als hätte er mit vielem gerechnet, nur nicht mit Gegenwehr.

Er spannte sein Kinn an, und die Wut war ihm ins Gesicht geschrieben. „Du schuldest mir was.“

Ich lachte auf, es war ein bitterer Laut, der aus meiner Kehle drang. Dann fühlte ich, wie sich seine Worte in mich brannten, wie mich der Zorn einholte und meine Hände den Mistkerl wie von ganz allein nach hinten stießen.

„Ich schulde dir was? Was schulde ich dir denn, Jake? Die ganzen Schläge, die ich kassiert habe? Schulde ich dir die?“ Ich funkelte ihn an. „Die kannst du gern zurück haben.“

„Du verdammtes Arschloch.“ Der Anzug hatte ihn nicht zu einem besseren Menschen gemacht, er war noch immer der Dreckskerl von damals. „Ich bin hergekommen, weil ich mit dir reden wollte, weil ich deine Hilfe brauche – und so begegnest du mir?“, schrie er.

„Was hast du denn erwartet? Dass ich dir dankbar bin, für das, was du mir angetan hast?!“, brüllte ich.

Er spuckte mir vor die Füße. „Ich hab dich zu dem gemacht, was du bist!“

„Genau, du hast mich zu dem beschissenen Arschloch gemacht, das ich jetzt bin.“

„Und ich habe einen Teil vom Kuchen verdient!“, verlangte das Arschloch ohne ansatzweise zu verstehen, was ich meinte.

„Ich will dich nie wieder sehen, Jake.“

Er machte einen Schritt auf mich zu. „Das hast du nicht zu bestimmen.“

„Doch, denn du hast mir gar nichts mehr zu sagen“, zischte ich, öffnete die Autotür und stieg ein. Hasserfüllt startete ich den Motor, während Jake mit den Fäusten gegen mein Fenster klopfte, und dann stieg ich mit voller Wucht aufs Gas, um mit quietschenden Reifen davonzurauschen.

Meine Pumpe ging wie verrückt, ich spürte wie die Vergangenheit durch mich hindurchrauschte, ich fühlte die geballte Kraft meines Zorns und ich sah gar nichts mehr, ich sah keine Straße, ich sah keine Ampeln und ich sah nicht den LKW, der um die Ecke bog.

10 thoughts on “Eric – 112

  1. Gott sei Dank endete Esther 112 damit, dass Eric vor ihr stand, sodass ihm hoffentlich nicht viel passiert sein kann. Der arme Kerl kommt auch wirklich nicht zur Ruhe. Wie soll sich sein Charakter ändern, wenn er immer wieder in seine schlimme Jugend zurückversetzt wird. Aber das ist typisch für solche Menschen. Wenn sie der Meinung sind, etwas abstauben zu können, haben sie keine Skrupel. Mit einem solchen Vater gestraft zu sein, ist wirklich schlimm.
    Jetzt heißt es leider wieder warten bis Dienstag – die Zeit wird lang.

  2. Oooohhh……….na zum Glück kommt Eric in der Praxis an……………wie auch immer………..spannend geht es weiter. Den beiden bleibt ja nichts erspart!! So eine Familie wünscht man ja seinem größten Feind nicht… :((

  3. Oh nein…., zum Glück wissen wir, dass er es bis zur Praxis geschafft hat…. aber in welchem Zustand? warum kann er, und auch Esther; nicht endlich etwas zur Ruhe kommen?

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