Eric – 119

Eric – 119

Ich knallte die Schlüsselkarte auf den Glastisch und begegnete dem Blick aus Esthers wunderschönen Augen, als sie sich plötzlich zusammenkrümmte und keuchend die Hand auf den Bauch presste.

Ein Gefühl nackter Panik raste durch mich hindurch – und das, bevor ich noch wirklich begriff, was hier eigentlich passierte. Mein Verstand schaltete auf Autopilot und ich rannte hinaus auf die Terrasse, wo sie wimmernd in die Knie ging und sich einen Moment später auf die Steinfliesen erbrach.

„Fuck, nein“, brach es aus mir heraus, während Esther stöhnend zur Seite sank und mich bestürzt ansah.

„Tut mir leid“, flüsterte sie und ich wusste nicht, was ich als Erstes tun sollte. Ich musste einen Krankenwagen rufen, sie brauchte ganz offensichtlich einen Krankenwagen.

„Nein“, schluchzte sie im nächsten Moment und ich hatte das Gefühl, als würde der verdammte Himmel auf mich einstürzen, als sie im schwachen Licht der Poolbeleuchtung zwischen ihre Beine tastete und ich eine dunkle Flüssigkeit auf ihren Fingern schimmern sah. „Nein“, stammelte Esther erneut und ich schluckte trocken, während sich meine Pumpe schmerzhaft zusammenzog.

Das durfte nicht wahr sein. Das hier konnte nicht wirklich passieren.

Weinend zog sie die Knie an ihren Körper und ich stand eine Sekunde lang nur wie ein Vollidiot da, während mich die Panik zu übermannen drohte.

„Zoe!“, schrie ich dann und hoffte, dass sie da war, während ich mich hinunterbeugte und Esther hochhob.

Sie war leicht wie eine Feder, zu leicht, viel zu leicht, als wäre das Leben, das in ihr gewesen war, schon längst wieder verschwunden.

„Zoe!“, brüllte ich ein zweites Mal, als das Wasserrauschen aus dem Badezimmer endlich verstummte.

„Was ist los?“, fragte sie erschrocken, als ich mit Esther auf dem Arm zur Tür lief.

„Ruf einen Krankenwagen. Sag ihnen, es ist ein Notfall. Sie müssen sofort ins Hotel kommen.“ Ich wusste nicht, wie ich es schaffte, halbwegs verständliche Sätze hervorzubringen, denn in meinem Kopf herrschte das absolute Chaos.

Zoe riss ihre dunkel geschminkten Augen auf. „Was ist mit ihr?“, krächzte sie.

„Tu, was ich dir sage!“, herrschte ich sie an und rannte zur Tür hinaus. Hinter mir hörte ich Zoe mit dem Rettungsdienst telefonieren und hämmerte mit der Faust gegen den Rufknopf des Aufzuges, während Esther sich erneut in meinen Armen krümmte und schluchzend ihr Gesicht an meiner Brust verbarg.

„Komm schon, verfluchte Scheiße!“, brüllte ich den Lift an, obwohl ich wusste, dass es falsch war. Ich musste jetzt stark sein, ich durfte mich nicht so gehen lassen.

Endlich ging das Scheißding auf und ich war mit einem großen Schritt in der Kabine.

„Ins Erdgeschoss“, presste ich krächzend hervor, obwohl ich am liebsten geschrien hätte. Der Liftjunge nickte mit großen Augen und drehte einen Schlüssel herum, bevor er auf den Leuchtknopf drückte.

Endlich setzte sich das Ding in Bewegung und ich drückte meine Lippen gegen ihre Schläfe.

„Es wird alles gut“, flüsterte ich in ihr duftendes Haar, während ich ihren bebenden Körper hielt.

Als ich in die Lobby lief, war bereits das Heulen der Sirenen zu hören. Ich danke Zoe im Stillen und rannte hinaus auf die Straße, wo wenige Sekunden später ein Krankenwagen hielt.

„Bleib bei mir“, flüsterte Esther und ich nickte stumm, während die Männer in den Uniformen mir lauter Fragen stellten, die ich nur unzureichend beantworten konnte.

„Sind Sie der Ehemann?“, wollte einer schließlich wissen und ich nickte sofort, damit sie nicht auf die Idee kamen, mich nicht mitfahren zu lassen.

Esther lag zusammengekrümmt auf der Trage und im blauen Licht des Krankenwagens war das Blut auf ihrer Kleidung deutlich zu erkennen.

Viel Blut.

Viel zu viel Blut.

„Beeilung“, sagte einer der Männer und ich stieg wie paralysiert ein, während ich das Gefühl hatte, dass dort, wo mein Herz sein sollte, nur ein einziges großes Loch klaffte.

7 thoughts on “Eric – 119

  1. Ich freue mich auf dienstag. Aber, warum müsst ihr immer diese Kliffhänger einbauen? Es ist so spannend. Was ist mit Esther passiert und mit dem Baby?!

  2. So ein Scheiß!! Hoffentlich verlieren Sie ihr Baby nicht. Aber solche frühen Blutungen leiten meistens einen spontanen Abruch ein. Ist eine natürliche Selektion in der Frühschwangerschaft. Manchmal muss man das Schicksal einfach nehmen, wie es kommt und nicht daran Zweifeln, dass Alles einen tieferen Sinn hat. Die Liebe der Beiden wird dann auf eine harte Probe gestellt. Ester bleib stark und Erik reiß Dich gefälligst zusammen, Du trägst jetzt Verantwortung für Euch drei! Denn auch wenn Euer Baby zurück in den Himmel gerufen wird, Ihr seid für immer eine Familie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top