Eric – 126

Eric – 126

Die Blütenblätter unter meinen Schuhsohlen glänzten im Licht der untergehenden Sonne, als ich zu dem Hochzeitsbogen schaute, der heute nicht benutzt worden war. Auch das Catering war im letzten Moment wieder abgesagt worden und irgendjemand hatte offensichtlich auch den Pfarrer benachrichtigt – wahrscheinlich Chris selbst.

Nachdenklich starrte ich über die aufgebauten Sitzreihen und die Blumenarrangements, die schon heute Morgen geliefert worden waren – lange bevor Flo Chris ihren One Night Stand gestanden und die beiden die Hochzeit gecancelt hatten.

Ein einziger Augenblick konnte das ganze Leben verändern. Ein einziger unbedachter Moment konnte alles zerstören. Und andererseits konnte ein einzelner guter Gedanke so viel Positives bewirken. Und das Leben eines jungen Mädchens retten.

Ich spürte, wie mich schlanke weiche Arme sanft von hinten umschlangen und versuchte den Kloß in meiner Kehle hinunterzuschlucken, bevor ich mich umdrehte und in ihr wunderschönes Gesicht sah.

„Hey“, murmelte ich.

„Hey“, flüsterte sie zurück.

„Wo ist Jackson?“

„Den habe ich zuhause gelassen.“

Ich lächelte schief und zog sie näher an mich. „Gut.“

„Wie geht es Zoe?“, fragte sie und verdammt, ich liebte sie dafür, dass sie selbst an einem verrückten Tag wie heute zuerst an meine kleine Schwester dachte.

„Die Transplantation ist erfolgreich verlaufen“, erwiderte ich heiser und versuchte mir nicht anmerken zu lassen, wie viel Angst ich gehabt hatte, dass es anders ein könnte. „Es scheint, dass der Mistkerl für wenigstens eine Sache in seinem Leben gut war.“

Esther schloss die Augen und schmiegte sich an mich. „Ich bin so froh, dass er den Deal von deinem Anwalt angenommen hat.“

„Den ich nur deinetwegen aufgesetzt habe“, gab ich zurück.

Sie schüttelte den Kopf. „Stell dein Licht nicht unter einen Scheffel, Eric. Das warst du. Du hast ihm so viel Geld geboten, dass er nicht Nein sagen konnte. Du hast ihr damit das Leben gerettet. Du tust immer so, als würde das ganze Gute nur aus mir kommen, dabei kommt es aus dir.“ Sie legte die Hand auf meine Brust. „Direkt aus deinem großen Herzen.“

Ich starrte sie an und wusste nicht, was ich sagen sollte. Also sagte ich gar nichts. Da war nur wieder diese überbordende Wärme in meiner Brust und das Gefühl, dass jede einzelne Entscheidung in meinem Leben genau zu diesem Punkt geführt hatte, diesem Punkt, in dem ich das perfekteste Wesen auf dieser Welt in meinen Armen hielt, das ernsthaft glaubte, ich sei gut.

Wenn das stimmte, war sie eine verfluchte Heilige.

„Wie geht es Flo?“, fragte ich und räusperte mich, um meine Stimme wieder ein bisschen mehr nach mir selbst klingen zu lassen.

„Den Umständen entsprechend“, erwiderte Esther. „Sie ist heute Mittag zu Chris gefahren und die beiden haben den ganzen Nachmittag geredet. Sie hat mich vorhin angerufen und gesagt, dass die Hochzeit vorerst vom Tisch ist, aber dass er ihrer Beziehung noch eine Chance geben möchte.“

„Mein Cousin ist anscheinend auch ein Heiliger“, bemerkte ich und zog Esther fest an mich, bis mir der Duft ihres Shampoos in die Nase stieg.

„Ich glaube, es liegt eher daran, dass er sie aufrichtig und von ganzem Herzen liebt“, sagte Esther und wandte ihr wunderschönes Profil der untergehenden Sonne zu. Die sanften Rottöne der Abenddämmerung brachten ihr Haar zum Leuchten und ich wusste, dass das jetzt der Moment war.

Dieser eine Moment, der mein Leben für immer verändern würde.

Es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte, und dennoch war es richtig – einfach deshalb, weil sie jetzt hier bei mir war und unsere Herzen im Einklang schlugen.

„Esther“, begann ich und spürte, wie meine Stimme brach. Fuck, das war doch schwerer, als ich gedacht hatte, und in dem Moment, als sie ihre sanften braunen Augen auf mich richtete, begannen mir im wahrsten Sinne des Wortes die Knie zu schlottern. Reiß dich zusammen, Mann, befahl ich mir und atmete tief ein.

„Esther, willst du meine Frau werden?“, kam es dann viel zu schnell aus mir heraus und ich konnte beobachten, wie sich ihre Augen vor Überraschung weiteten.

„Du willst mich heiraten?“, flüsterte sie ungläubig und bei dem Gesichtsausdruck, den sie machte, hätte ich beinahe aufgelacht, wenn ich nicht so scheißnervös gewesen wäre.

„Es gibt nichts, was ich mir mehr wünsche“, erwiderte ich. „Und ich mache mir deswegen schon seit einem Monat in die Hosen vor Angst“, fügte ich hinzu, obwohl ich das vielleicht doch lieber für mich behalten hätte.

Esther lachte und dieser Ton war die süßeste Musik, die ich je gehört hatte.

„Esther Anderson“, setzte ich noch einmal an und sank vor ihr auf die Knie. „Du bringst mein Herz aus dem Takt seit dem Moment, an dem ich deine Stimme gehört habe. Sie ist das Erste und auch das Letzte, was ich an jedem Tag meines Lebens hören möchte. Deshalb frage ich dich noch einmal – und bitte gib mir jetzt eine Antwort, wenn du nicht riskieren willst, dass ich an einem Herzinfarkt draufgehe: Willst du mich heiraten?“

Esther strahlte mich an und in ihren schimmernden Augen konnte ich bereits die Antwort lesen, bevor sie sie mir gab.

„Ja“, flüsterte sie. „Es gibt nichts auf der Welt, was ich lieber täte.“ Und als sie mich dann küsste, wusste ich, dass dieser Moment mein Leben in die einzig richtige Richtung gelenkt hatte.

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