Eric – 134

Eric – 134

Fuck, das lief ja noch beschissener, als ich es mir vorgestellt hatte.

„Oh mein Gott“, flüsterte Esther und hob die Hand vor ihren Mund, während sie mit glänzenden Augen verfolgte, wie ich und Aron in dem Video wüst aufeinander einschlugen und dabei einen der weißgedeckten Tische umrissen. „Ihr seht aus, als ob ihr euch umbringen wollt.“

Ich atmete tief durch und streichelte abwesend den schnurrenden Kater, der noch immer auf meinem Schoß rumturnte.

„Ich wollte nicht, dass du das siehst.“

„Dann hättest du dich vielleicht nicht mit Aron vor fünfhundert Zeugen prügeln sollen“, antwortete sie und schaltete das Handy aus. „Was ist passiert, dass ihr so aufeinander losgegangen seid?“

Sie blickte mit ihren riesigen Rehaugen zu mir hoch und ich brachte es nicht über mich, ihr die Wahrheit zu sagen. Dass dieses Arschloch einen Witz darüber gemacht hatte, sie genauso flachzulegen, wie Flo. Und dass ich daraufhin sprichwörtlich Rot gesehen hatte.

„Er hat einfach einen blöden Spruch abgelassen“, erwiderte ich gepresst. „Noah überlegt, die Band zu verlassen. Er sagt, er hält es nicht länger aus.“

Esther sog scharf die Luft ein und wusste anscheinend nicht, was sie darauf sagen sollte. „Und die anderen?“, fragte sie schließlich.

„Cliff hat gar nichts gesagt. Und Simon ist mit den Nerven am Ende.“

Esther sah mich bestürzt an, bevor sie das Handy weglegte und aufstand. „Willst du einen Tee?“, fragte sie auf dem Weg zum Wasserkocher.

Nachdrücklich schüttelte ich den Kopf. „Lass uns wegfahren.“

„Wegfahren? Jetzt?“ Ihr Blick fiel auf mein blutverschmiertes weißes Hemd und ich zog das Ding aus und warf es achtlos hinter mich. Newton sprang dabei von meinem Schoß und ich nutzte die wiedergewonnene Freiheit, um rasch aufzustehen und meine Arme von hinten um Esther zu legen.

„Ja, jetzt. Nur du und ich. Irgendwohin, wo uns keiner findet.“

Sie schüttelte den Kopf und machte sich los. „Was ist mit Aron? Und Noah? Was ist mit deiner Band?“

Ich presste die Lippen aufeinander. „Ich kann auch ohne die beschissene Band für euch sorgen.“

Esther blinzelte ein paar Mal. „Du denkst, dass es mir darum geht? Ob du für uns sorgen kannst?“

Ihre Stimme klang irritiert und ich verfluchte die ganze Situation, die so scheiß kompliziert sein musste. „Es geht dir also nicht darum?“

„Nein. Es geht um dich, Eric. Die Band ist dein Leben.“

„Du bist mein Leben.“

„Okay, dann sind wir eben beide dein Leben. Aber Fakt ist: Du kannst die Jungs nicht einfach so aufgeben.“

„Ich bin nicht derjenige, der das Handtuch wirft“, entgegnete ich hart.

Esther seufzte. In diesem Moment kam ich mir wie ein absolutes Arschloch vor. „Hör zu, ich will einfach nur fort“, versuchte ich es noch einmal. „Aber nicht fort von dir, weil ich nicht mehr heiraten will. Nur fort von hier.“ Als ihr Blick weicher wurde, zog ich sie erneut an mich. „Morgen werden die ganzen beschissenen Nachrichten mit dem Dreck überflutet sein. Und ich will dann einfach nicht hier sein. Verstehst du?“

„Okay“, murmelte sie.

Es klang nicht übermäßig begeistert, aber es war zumindest kein Nein.

„Ehrlich?“

Sie nickte. „Wenn du Abstand brauchst, lass uns abhauen. Aber nur übers Wochenende, ich muss Montag wieder zur Uni.“

„Nur übers Wochenende. Versprochen.“ Ich vergrub meine Nase in ihrem duftenden Haar und hatte das Gefühl, zum ersten Mal seit dem Streit mit Noah wieder durchatmen zu können. „Wohin willst du fliegen? Wir können überall hin, so lange dort nicht viele Menschen mit einer funktionierenden Internetverbindung sind.“

Esther lächelte mich scheu an. „Überall hin?“

„Überall. Wohin willst du?“

Sie überlegte kurz. „Kanada“, murmelte sie dann.

Ich nickte langsam. „Ich mag Kanada. Pack ein paar Sachen.“

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