Eric – 145

Eric – 145

„Meine Mutter hat mit dir gesprochen?“

Bei meinem angepissten Tonfall seufzte Esther bereits zum zweiten Mal. Dabei stemmte sie sich von ihrer kleinen Couch mit den bunten Kissen in die Höhe und machte einen Schritt auf mich zu.

„Sei bitte nicht wütend, Eric.“

„Ich bin nicht wütend.“ Ich war stinksauer. „Was wollte sie?“

„Sie wollte nur reden.“

„Sie wollte also mit dir reden? Allein?“ Genervt atmete ich durch die Nase aus und ermahnte mich innerlich, meinen Ärger nicht an Esther auszulassen. Sie konnte nichts dafür, dass meine Mutter zu feige war, sich bei mir zu melden und stattdessen meine Verlobte belästigte.

Esther strich sich verunsichert über ihren grauen Pullover, unter dem sich die unübersehbare Wölbung ihres wachsenden Bauches abzeichnete.

„Es tut mit leid, dass ich dich nicht vorher gefragt habe.“ Sie stockte kurz. „Als sie vor mir zu weinen anfing, habe ich es einfach nicht übers Herz gebracht, abzulehnen.“

Das war mal wieder typisch für meine Mutter. Auf die Tränendrüse drücken, damit sie als Opfer dastand.

„Hat sie dich gefragt, ob sie zur Hochzeit kommen darf?“

„Was?“ Esther runzelte die Stirn. „Nein, sie hat die Hochzeit gar nicht erwähnt.“

„Worüber habt ihr dann gesprochen? Habt ihr euch darüber ausgetauscht, wie unser Kind heißen soll? Oder in welcher Farbe das beschissene Kinderzimmer gestrichen werden soll?“

Fuck. Das lief nicht gut. Aber gerade hatte ich keinen Plan, wie ich diese Lawine aus Wut zurückhalten sollte, die da aus mir herausbrach.

Esther machte noch einen Schritt auf mich zu. „Eric. Ich würde mich doch nie hinter deinem Rücken mit ihr treffen und über so private Dinge sprechen.“

Genervt ballte ich die Hände zur Faust. Verdammt, da hatte ich gesagt, dass ich es nicht an Esther auslassen wollte, und was tat ich nun? Ich war ein verfluchter Mistkerl.

„Deine Mutter macht sich keine Illusionen, Teil deines Lebens zu sein, Eric. Sie weiß, dass sie dich verloren hat.“

Darauf sagte ich nichts.

Als Esther schließlich auch den letzten Abstand zwischen uns überwand und ihre Hände sanft um mich legte, war es, als würde sich all mein Schmerz und meine Wut plötzlich in Luft auflösen. Mit einem Seufzen schlang ich meine Arme um ihren Körper und vergrub mein Gesicht in ihrer Halsbeuge. Ihre Haare dufteten nach ihrem Shampoo, alles an ihr duftete und ich wollte für immer hier stehenbleiben und ihre großartigen Kurven genießen.

Als ich sie noch fester an mich drückte und meine Hüften ein wenig bewegte, lachte sie leise. „Okay. Heißt das, du hast mir verziehen?“

Ich ließ meine Hände über ihren Rücken bis zu ihrem Po hinunterwandern. „Ich war auf sie wütend, nicht auf dich. Aber weißt du was? Ich hab es satt, ständig glühende Kohlen mit mir rumzuschleppen.“

„Was?“

„Das ist nur etwas, das Chris gesagt hat. Ich soll keine glühenden Kohlen halten, weil ich der Einzige bin, der sich daran verbrennt. Aber weißt du, was ich sehr gern halte? Deinen fantastischen Hintern.“

Sie lachte erneut. Selbst ihr Lachen machte mich an. Alles an ihr machte mich an.

„Du hast mir aber noch immer nicht gesagt, was sie eigentlich wollte“, murmelte ich schließlich, um das beschissene Thema mit meiner Mutter abzuschließen.

Esther löste sich ein Stück weit von mir. „Sie wollte über Zoe sprechen. Ob es für mich in Ordnung ist, wenn sie in Zukunft bei uns wohnt.“

„Und? Ist es das?“ Bei dem ganzen Wahnsinn in den letzten Monaten hatte ich Esther eigentlich nie so richtig gefragt, ob sie bereit war, ihr Leben mit meiner kleinen Schwester zu teilen. Allerdings wusste ich tief in mir, dass ich diese Frage nicht zu stellen brauchte. Esther war der großzügigste und hilfsbereiteste Mensch, den ich kannte. Sie würde Zoe niemals im Stich lassen.

Umso überraschter war ich, als sie zögerte.

„Ist es etwa nicht okay für dich?“

„Es ist nur …“ Esther löste sich ein Stück weit von mir und biss sich auf die Unterlippe. „Wir haben zwar ein paar Mal darüber geredet, aber nie so richtig, verstehst du?“

„Was meinst du?“

„Ich meine, dass wir noch immer nicht wissen, wo wir eigentlich wohnen werden.“

Erleichtert atmete ich auf. Darum ging es also.

„Du hängst sehr an dieser Bruchbu- äh … Wohnung, oder?“

Esther legte ihre Hände auf meine Wange und strich mit den Fingerspitzen über meine Bartstoppeln.

„Nein, Eric. Ich hänge überhaupt nicht an dieser Wohnung. Ich hänge aber ziemlich stark an dir. Ich möchte jeden Abend mit dir einschlafen und am nächsten Morgen mit dir aufwachen. Ich möchte all das, was ich als Kind hatte auch für unser Kind – eine Familie.“

Da stand sie nun, die schönste Frau der Welt, und sagte mir genau das, was mein geschundenes Herz hören musste, um zu heilen.

Ich lächelte schief. „Okay, dann sollten wir am besten heute noch einen von diesen langweiligen Anzugträgern anrufen.“

„Du meinst, einen Immobilienmakler?“

Ich grinste. „Für mich auch okay, wenn du den Typen so nennen willst.“

4 thoughts on “Eric – 145

    1. Liebe Valérie,
      nein, das war eine Ausnahme. Wir waren so mit dem Ende vom dritten Band von 19 beschäftigt, dass wir am Freitag den Blogroman vergessen hatten zu teilen!
      Viele Grüße, Ulli & Carmen

  1. Hach ja, es ist so schön mit anzusehen wie Esther es allein durch ihre Präsenz immer wieder schafft, Eric den notwendigen Halt zu geben und ihn langsam zu einem besseren Menschen werden lässt. ?

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