Eric – 147

Eric – 147

„Alles okay?“ John zog ein Päckchen Kaugummi aus seiner Jeanstasche und bot mir auch einen Streifen an.

Kopfschüttelnd lehnte ich ab. „Ich muss leider gleich wieder los.“

„Wollen Sie nicht noch das Obergeschoss sehen?“

Ich drehte mich in dem Wohnzimmer des Hauses im Kreis. Nahm nochmal die helle Küche, den zerkratzten Holzfußboden und den wilden Garten ins Visier. Stellte mir für einen Moment vor, wie Esther in der Küche Gemüse schnippelte und zur Musik im Radio mitsummte, bevor sie durch das offene Fenster unsere Kinder zum Essen rief, die gerade im Baumhaus spielten.

Kinder. Baumhaus

Fuck, die Bude tat mir nicht gut. Jetzt mussten wir mal sehen, dass wir den ersten Schreihals nicht versehentlich umbrachten und ich fantasierte schon von weiteren.

„Eric?“ John wartete anscheinend noch immer auf eine Antwort. Während ich rumstand und mir scheißrosa Träume von einer scheißrosa kack Bilderbuchfamilie reinzog.

„Stimmt, das Obergeschoss.“ Mir das obere Stockwerk anzusehen, würde nichts ändern. „Nicht nötig. Ich nehme es.“

„Was? Das Haus?“ John sah mich überrascht an. „Sie wollen es kaufen, ohne es ganz gesehen zu haben?“

So, wie er das sagte, klang ich wie ein totaler Idiot.

Oder wie so ein beschissenes arrogantes Arschloch, das nicht wusste, wohin mit der Kohle.

„Mein Finanzberater sagt mir ständig, ich soll in Immobilien anlegen.“

Fuck. Das machte es nicht besser.

Aber John grinste nur. „Geben Sie es ruhig zu, Sie wollen nicht, dass das Baumhaus abgerissen wird.“

„Mir ist das beschissene Baumhaus scheißegal.“

John grinste noch breiter. „Alles klar. Dann sag ich dem Power-Paar, dass sie überboten worden sind und wir setzen stattdessen einen Vertrag auf. Mir ist das beschissene Baumhaus nämlich auch scheißegal.“

Mein Mundwinkel zuckte nach oben, während ich dem Makler durch den Eingangsbereich wieder nach draußen folgte.

„Ach so.“ Er blieb stehen. „Da gibt es nur noch ein Problem.“

„Und welches?“

John nestelte eine Visitenkarte aus seiner Jeanstasche und hielt sie mir zusammen mit einem Stift hin. „Ich hab noch kein Autogramm für meine kleine Schwester. Sie sagten, es kommt darauf an, wie gut Ihnen das Haus gefällt. Und ich muss Ihnen sagen: so schnell hab ich noch kein Haus verkauft.“

 

 

Chris saß an der hässlichen Hotelbar, zu der er mich hinbestellt hatte und starrte trübsinnig in seinen Drink.

„Hey.“ Ich setzte mich auf den zerschlissenen Barhocker neben ihm. „Ein abgefuckteres Hotel hast du nicht mehr gefunden, oder?“

Chris sah müde auf. „Hey, Eric. Danke fürs Kommen.“

„Okay, was ist los?“ Ich winkte dem Barkeeper mit der gelackten Frisur, der mich absichtlich ignorierte.

Chris kratzte sich an der Stirn. „Ich hab Scheiße gebaut.“

„Sagtest du schon.“

„Kann sein, dass ich einen Anwalt brauche.“

Gegen meinen Willen musste ich grinsen. „Echt jetzt? Was hast du gemacht, Chris? Mal wieder betrunken einen idiotischen Barkeeper verprügelt?“

Bei meinen Worten schaute der Barkeeper endlich her.

„Einen doppelten Scotch“, bestellte ich aus reiner Gewohnheit, bevor ich mich anders entschied. „Vergessen Sie das. Einen doppelten Espresso.“

Chris runzelte die Stirn. „Was ist los mit dir?“

„Nichts. Also. Du wolltest mir gerade erzählen, wofür du einen Anwalt brauchst.“

Er atmete tief ein. „Ich war leichtsinnig. Und hab ne blöde Entscheidung getroffen.“ Seufzend blickte er sich um. „Aber das kann sie dir wahrscheinlich besser erklären.“

„Was erklären?“, fragte ich, als eine hübsche Blondine von den Damentoiletten auf uns zukam. Sie wirkte genauso unglücklich wie Chris.

„Was ist hier eigentlich los?“, fragte ich, als Flo plötzlich neben mir auftauchte und Chris verzweifelt anstarrte.

„Das würde ich übrigens auch gern wissen.“

 

 

Ihr Lieben, Weihnachtspause!
Wir pausieren mit dem Blogroman für eine Woche. Am 1. Januar 2019 geht es weiter! Nun wünschen wir euch und euren Familien frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins nächste Jahr! 🙂
Eure Ulli & Carmen

PS: Falls ihr noch nach Lesestoff über die Feiertage sucht, können wir euch „19 – Die Bücher der magischen Angst“ empfehlen 🙂 Alle 3 Teile erscheinen noch im Dezember!

3 thoughts on “Eric – 147

  1. Ohje, was kann Chris denn dummes angestellt haben, dass er gleich einen Anwalt braucht?? Und Eric? Kein Whiskey, ein Haus….. er wird doch nicht etwa solide? ??

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