Eric – 155

Eric – 155

Die nächsten Minuten liefen wie im Traum an mir vorüber. Simon schaffte es, uns ohne weitere blöde Kommentare zu dem verdammten Krankenhaus zu bringen, und ich schaffte es, Esther auf dem Weg nach drinnen irgendwie zu stützen, obwohl ich das Gefühl hatte, dass mir die ganze Situation den Boden unter den Füßen wegzog.

„Oh, eine Braut“, begrüßte uns eine matronenhafte Krankenschwester am Empfang lächelnd, die eine Seelenruhe verströmte, die ich nicht nachvollziehen konnte. „Da habt ihr euch wohl einen Tag zu lange Zeit für die Hochzeit gelassen.“

„Sehr witzig“, presste ich hervor, während Esther beruhigend nach meiner Hand griff. Sie stand vornübergebeugt und versuchte, den Schmerz irgendwie wegzuatmen, während ich ihr eine Hand in den Rücken presste, weil sie im Vorbereitungskurs gesagt hatten, dass das helfen sollte.

Im Moment kam es mir nicht so vor, als ob irgendetwas helfen würde, was ich tat.

„Na, dann kommen Sie mal mit“, sagte Schwester Seelenruhe gut gelaunt, bevor sie einer Kollegin ein Zeichen gab, für sie zu übernehmen, und uns mit watschelnden Schritten in ein leeres Zimmer mit rosa Vorhängen vor den Fenstern führte, in dem auch ein riesiger Gymnastikball auf dem Boden lag.

„Sie können den gern benutzen, wenn Sie möchten.“

„Danke“, seufzte Esther, nachdem sie sich langsam wieder entspannte. Das Schlimmste schien für den Moment vorüber zu sein.

„Und Sie sind der Vater?“, fragte mich die Schwester dann, während sie aus einem Schrank etwas hervorzog, das wie ein geblümtes Nachthemd aussah.

„Nein, ich bin der Onkel“, schnaubte ich entnervt, woraufhin Esther belustigt die Augenbraue hochzog.

„Ah ja. Sie sind der Vater“, kicherte die Krankenschwester, deren breites Lächeln nicht zur Situation passte.

Verdammt, Esther bekam heute unser Baby und sie tat so, als wäre das ein verfluchtes Picknick.

„Wollen Sie wissen, woran ich das erkenne?“

„Nein“, knurrte ich.

„Sie sind noch nervöser als Ihre Frau. Aber keine Sorge, das ist völlig normal.“ Lächelnd streckte sie Esther ihre Hand entgegen. „Kommen Sie, ich helfe Ihnen aus dem Kleid. Ein wunderschönes Brautkleid, übrigens.“

„Danke“, murmelte Esther, während ich danebenstand und mir wie ein absoluter Idiot vorkam.

„Sie können das Jackett auch ablegen“, sagte die Krankenschwester. Wahrscheinlich wollte sie mir einfach irgendwas zu tun geben. „Möchten Sie, dass ich Musik anmache?“

„Gern“, antwortete Esther, bevor sie sich erneut an den Bauch fasste und das Gesicht verzog.

„Tief atmen“, sagte die Krankenschwester und half Esther aus dem Kleid. „So ist es gut. Sie machen das großartig.“

Langsam begann ich, sie zu mögen.

„So, legen Sie sich mal kurz hin, dann schaue ich, wie weit sich der Muttermund schon geöffnet hat.“

Esther schlüpfte in das hässliche geblümte Krankenhaushemd und legte sich auf das Bett. Dabei lächelte sie die Krankenschwester an und antwortete freundlich auf alle Fragen. Bei der Souveränität, die sie ausstrahlte, begann ich sie fast noch mehr zu lieben.

Fuck, diese Frau war unglaublich. Mit einem tiefen Atemzug fuhr ich mir durch die Haare und beschloss, mich zusammenzureißen. Wenn sie es schaffte, so gelassen zu bleiben, würde ich es doch verdammt noch mal auch können.

 

„Großartig, Esther. Sie machen das toll!“, rief die Krankenschwester, die offenbar auch eine ausgebildete Hebamme war, ungefähr zwei Stunden später.

Esther hatte in dieser Zeit Unglaubliches geleistet und ich bewunderte sie noch mehr als zuvor.

„Nur noch einmal pressen. Ich kann schon das Köpfchen sehen.“

Verschwitzt klammerte sich Esther an meiner Hand fest, während sie brüllend presste.

„Du machst das toll. Ich liebe dich“, flüsterte ich, während ich ihr mit einem feuchten Waschlappen über die Stirn strich und hoffte, dass es bald vorbei war.

„Hören Sie auf Ihren Mann. Es ist gleich geschafft!“, rief die Krankenschwester. „Einmal noch. Mit viel Kraft.“

Esther schloss die Augen und presste mit zusammengebissenen Zähnen, während die Muskelstränge an ihrem Hals vor Anstrengung hervortraten.

„Herzlichen Glückwunsch“, sagte die Krankenschwester im nächsten Moment strahlend. „Sie haben eine wunderschöne Tochter.“

4 thoughts on “Eric – 155

    1. Ja, im fünften Band gibt es einen Hinweis auf eine Überdosis. Allerdings ist sich Erics Cousin Chris nicht sicher, ob es Absicht war, oder nicht …

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