Eric – 54

Eric – 54

Ich war noch immer dabei, die Frage von dem scheiß Typen zu verdauen, den Flo da angeschleppt hatte, als ich hinter mir die aufgeregte Stimme einer Frau hörte. Sie kam mir vage bekannt vor und ich hoffte inständig, dass sie kein durchgeknallter Groupie war. Das hätte mir jetzt noch gefehlt, dass eine Tussi, die ich irgendwann mal gevögelt hatte, ausgerechnet in dem Laden auftauchte, in dem ich mich mit Esther und ihrer Freundin traf. Mister Arschloch-mit-reparierter-Zahnlücke nicht zu vergessen.

Unwillig drehte ich mich zu der Stimme um und begegnete einem Paar türkisgrüner Augen. Farbige Kontaktlinsen, schoss es mir durch den Kopf. Farbige Kontaktlinse war doch die Freundin von … fuck, mir fiel ihr Name nicht ein, mir fiel gerade gar nichts ein.

„Hey“, sagte ich kühl. „Wie geht’s dir?“

„Super“, erwiderte sie und lächelte mich mit ihren gebleichten Zähnen an. Dabei rückte sie ihre Designertasche auf der Schulter zurecht und ich dachte, dass sie sich ganz schön aufgebrezelt hatte für einen Brunch, aber das war wohl so ne Modelkrankheit.

Die Tante schaute von mir zu Esther und ich sah, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete. Da ich echt keinen Bock hatte, dass sie jetzt noch länger hier rumstand und womöglich irgendwelche Geschichten von früher auspackte, nickte ich ihr nur kurz zu. „Cool. Also dann. Man sieht sich.“

Sie kniff die Augen zusammen. „Klar. Oder auch nicht. Soll ich Natascha was von dir ausrichten?“

Verdammte Bitch. Ich merkte, wie Esther neben mir nervös an ihrer Bluse nestelte und bereute, dass ich das Gespräch mit der Tussi nicht sofort im Keim erstickt hatte.

Der Kellner glotzte sie in der Zwischenzeit an, als wäre sie das verdammte Supermodel, und das nur, weil ihr Rock knapp unterhalb ihres Hinterns aufhörte. „Du kannst ihr sagen, dass ich ihr alles Gute wünsche“, gab ich knapp zurück und wandte mich wieder dem Kellner zu. „Die Wodka-Ausnahme klingt super. Machen Sie einen Doppelten draus. Und was wollt ihr?“ Damit drehte ich mich bewusst von der Tante weg und hoffte, dass sie einen Abflug machte.

„Ich hab mich noch nicht entschieden“, plapperte Flo drauflos und Esther strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr während sie den Blick auf die Karte senkte.

„Gut. Bis dann, Eric“, meinte die Tussi frostig und endlich fiel mir ihr Name ein.

„Tschüss, Melissa“, verabschiedete ich sie.

„Melinda“, knurrte sie und stöckelte davon.

„Ich kann auch später wiederkommen, wenn Sie noch in Ruhe auswählen wollen“, sagte der Kellner im nächsten Moment.

„Gute Idee“, murrte ich, da es mich nervte, dass er noch immer Melissa-Melinda hinterherstarrte.

„Also“, sagte Flo übertrieben fröhlich, kaum, dass der Kellner in seinem glänzenden grauen Strampelanzug abgezischt war. „Wo waren wir stehengeblieben?“

„Ich wollte wissen, ob du Geschwister hast“, hakte das Arschloch von gegenüber sofort wieder ein und ich musste an meine verdammte Mutter denken. Genervt biss ich die Zähne zusammen und befahl mir, sitzen zu bleiben und nicht einfach mit Esther abzuhauen.

„Keine, die ich persönlich kenne“, erklärte ich kalt und sah mich nach dem Typen in dem grauen Strampler um. Hoffentlich brachte er mir bald meinen Wodka.

„Das heißt, du hast Geschwister, die du nicht kennst?“, fuhr das Arschloch fort und ich dachte, dass Hank ein Name war, der zu ihm passte. Ein Name, wie geschaffen für jemanden, dem man in die Fresse schlagen wollte.

„Was wird das? Willst du ne Bio über mich schreiben?“, fragte ich zurück und sah, wie Esther und ihre rotblonde Studentenfreundin einen Blick wechselten.

Verdammt, ich war nicht der Typ für so eine Viererscheiße.

„Ne, mit Sicherheit nicht“, entgegnete er überheblich. „Ich dachte, ich betreibe ein wenig Konversation. Kennst du aber anscheinend nicht.“

Ich schüttelte nur den Kopf und klopfte mit den Fingern auf meinen Oberschenkel. Gerade hatte mir der Arsch die Inspiration für eine Textzeile zu einem neuen Song geliefert und ich wusste nicht, ob ich das jetzt gut oder schlecht finden sollte. Bevor ich mir darüber klar werden konnte, vibrierte mein Handy und ich zog es aus meiner Jeans.

„Fuck“, murmelte ich dann nach einem kurzen Blick auf das Display.

4 thoughts on “Eric – 54

  1. Ich mag es so gerne, dass man in euren Texten immer wieder den Bezug zu Erics Inspiration findet; dass man merkt, wie er wirklich immer unerwartet von der Muse geküsst wird und auf neue Songtexte kommt.

    1. ? (Wow) das ist ? (super) formuliert. Ich finde es nämlich auch ? (toll) das da immer diese kleinen ?nschübe (Einschübe) kommen! Weiter so!!!!!!!!!!!!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top