Eric – 61

Eric – 61

Die Scheinwerfer glitten über die Wände der riesigen Halle und das Kreischen der Menge schwoll an, als ich die Bühne betrat. Obwohl ich das schon hundert Mal gemacht hatte, beschleunigte meine Pumpe ihren Takt. Es war lange her, dass das passiert war, und irgendwie fühlte es sich gut an, dass mir nicht mehr alles komplett am Arsch vorbei ging. Hinter mir kamen Cliff, Noah und Aron auf die Bühne und das Johlen schwoll nochmal an, um dann langsam zu verebben. Ich ging zum Mikro und nahm es aus dem schwarzen Ständer, während ich meinen Blick über die Menschen gleiten ließ. Fast hatte ich vergessen gehabt, was für ein Wahnsinnsgefühl das war, auf die zigtausend Fans zu blicken, die alle gekommen waren, um uns spielen zu hören.

„Hey“, sagte ich langsam, während ich an den Rand der Bühne trat. Dabei hielt ich das Mikro so nah an meinen Mund, dass die Vibrationen meiner Stimme in der Halle zu spüren waren. Ein paar Mädels schrien meinen Namen und ich grinste, als eine besonders laut brüllte, dass sie ein Kind von mir wollte.

„Nicht heute Nacht“, erwiderte ich in ihre Richtung und erntete Gelächter. „Heute spielen wir einen ganz besonderen Song“, fuhr ich fort und sah, wie die Leute ihre Handys zückten und auf die Bühne richteten. „Er heißt Alles und nichts und ist für eine ganz besondere Frau. Als ich ihn geschrieben hab, dachte ich, dass ich sie vielleicht für immer verlieren würde.“ Ich machte eine kurze Pause. „Sie kann heute Abend zwar nicht hier sein, aber ich hoffe, sie hört dennoch zu.“ Langsam wandte ich mich vom Rand der Bühne ab und ging zurück zum Mikroständer. Dabei nickte ich Cliff kurz zu. Er ließ die Sticks sanft über das Schlagzeug tanzen und der Rhythmus des Beats fuhr durch meinen Körper. Die Töne beschleunigten ihren Takt und ich schloss die Augen und dachte an den Moment, als ich das Lied zum ersten Mal für sie gespielt hatte. Damals hatte sie so zerbrechlich ausgesehen in dem weißen Krankenhausbett und noch heute schnürte sich mir die Kehle zu, wenn ich daran dachte.

Dann setzten auch noch Noah und Aron ein und die Musik floss durch mich hindurch, während ich die Worte sang, die sie damals zu mir zurückgeholt hatten.

Das Herz ist so geschunden, hat sich tausendmal gewunden hatte nicht das gefunden, was es gab.

Hat geschlagen und gehämmert, bis ins Grab.

Hat nur Altes gesehen, wollte sich nicht mehr umdrehen, hat versucht zu entkommen, ohne Klang.

Hat versucht zu vergessen, mit viel Drang.

Und dann sah ich die Wolken ziehen, sah Altes gehen, sah Gefühle fliegen  

Ich war wieder dort. So kitschig es auch klang, ich war wieder dort, in dem hellen Raum und sang für sie, und nur für sie. Irgendwann war das Lied zu Ende und wir spielten das nächste und wieder das nächste – und fuck, die ganze Zeit über wünschte ich mir, in der Menge ihr Gesicht zu sehen.

 

„Leute, das war fantastisch!“, raunte Simon uns auf der Aftershow-Party zu und strahlte dabei wie so ein verdammtes Honigkuchenpferd.

„Ja, war ein geiler Gig“, stimmte ihm Noah zu und schnappte sich einen Mädchencocktail mit Schirmchen vom nächsten Silbertablett. Dabei zwinkerte er einer Tussi in einem Glitzerfummel zu, die sich gerade die Träger ihres Kleides abstreifte, um in den Pool mit dem beleuchteten Wasserfall zu springen.

„Ihr habt die Leute zum Heulen gebracht“, fuhr Simon begeistert fort und fuhr sich durch seine blonden Locken. „Mann, ich hatte ja selbst Pipi in den Augen.“

„Aber doch nur, weil du an die ganze Kohle gedacht hast“, entgegnete ich trocken und sah mich nach einem Kellner um, der was Härteres servierte, als Pina Colada.

Simon lachte, als hätte ich einen Scherz gemacht und klopfte mir auf die Schulter. „Ich sagte euch doch, Vegas ist der Ort, wo der Schotter wächst.“

„Ich seh’ hier vor allem geile Bräute“, warf Aron ein und grinste zwei Mädels zu, die ihm lächelnd ihre falschen Titten entgegenstreckten.

„Apropos Bräute“, sagte Simon und senkte die Stimme, bevor er mich zur Seite nahm. „Ich fand euren Auftritt wirklich fantastisch, aber vielleicht solltest du das nächste Mal nicht von dieser ganz besonderen Frau sprechen, Eric.“ Sein Adamsapfel hüpfte nervös auf und ab, als er mich ansah.

Ich kniff die Augen zusammen und wollte ihm spontan in die Fresse schlagen. „Was soll das?“, knurrte ich.

„Hey, ich will doch nur euer Bestes“, verteidigte er sich. „Und ich glaube, dass du als Single erfolgreicher …“

Weiter kam er nicht.

8 thoughts on “Eric – 61

  1. aagh, die aller fieseste Stelle aufzuhören.Ich bin frustriert denn, ihr könnt so gut schreiben(eigntlich zu gut) das ich einfach nicht bis nächsten Dinstag warten kann.

    xoxo Lexie

  2. Aaarrrrrgggg!!!!!!!!Da könnt Ihr doch nicht aufhören zu schreiben!!!! Bin gespannt wie es weiter geht. Erik ist wirklich total verliebt. Eigentlich viel mehr als das, Ester ist wie die Luft, die Ihn am Atmen hält, wie das Herz, das sein Blut durch seine Adern pumpt, wie das Licht, das seine Dämonen in die Flucht schlägt, wie seine Droge ohne die er nicht funktioniert…… Sein ganzes Sein ode Nichtsein ist bestimmt durch Sie. Eigentlich sehr beängstigend wie abhängig er von Ihr ist. Mal schauen, was uns noch erwartet. Hoffe es geht gut aus und Ester zeigt auch mal einige von Eriks Symptomen!!!!!

  3. Uhh, falscher Ansatz, Simon. Wenn er jetzt von Eric eine auf die Zwölf bekommen hat, kann ich es verstehen. Er ist wieder ein besserer Mensch seit er Esther in seinem Leben hat. Sie gibt seinen Leben einen Sinn. Übrigens, ganz fieser Cut hier an der Stelle, ich kann es kaum bis nächste Woche aushalten.

  4. Fieser Cut,
    Simon hätte zwar ein blaues Auge verdient, allerdings würde Eric das vermutlich Ärger mit Esther ein bringen.
    Bin gespannt ob ihr für ihn eine smarter Lösung parat habt.

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