Eric – 67

Eric – 67

Der Anruf war von Chris und fuck, meine Finger zitterten, als ich ihn annahm.

„Was bist du nur für ein verdammter Idiot!“, fauchte er ohne Einleitung ins Telefon und ich schloss für einen Moment die Augen.

„Hast du eine Antwort für mich?“, fragte ich dann und wich Esthers fragendem Blick aus, der von Sekunde zu Sekunde irritierter wurde. Chris hatte so geschrien, dass sie ihn mit Sicherheit gehört hatte und mir war kotzübel bei dem Gedanken, sie zu verlieren. Aber verdammt, ich hatte gewusst, dass ich irgendwann an diesen Punkt kommen würde. Sie verdiente die Wahrheit und ich mieser Feigling hatte schon zu viele Stunden rausgeschunden, ohne es ihr zu sagen.

Chris schnaufte und ich fuhr mir durch die Haare, während ich auf seine Antwort wartete.

„Ja“, stieß er dann hervor.

„Ja … was?“, wiederholte ich tonlos.

„Ja, ich hab eine verdammte Antwort für dich. Sie sagt, es ist nichts gelaufen, ihr wart beide viel zu besoffen und du hast sie auch nicht angegraben.“ Er machte eine kurze Pause, in der mein Herz wie verrückt gegen meinen Brustkorb hämmerte. „Aber das heißt noch lange nicht, dass du dich nicht wie ein verdammtes Arschloch aufgeführt hast. Ist dir klar, dass du mit so einer Scheiße deine Beziehung zerstörst?“

Ich antwortete nicht.

„Verdammt, Eric, in all den Jahren hast du dich immer weiter auf den Abgrund zubewegt und Esther war die Einzige, die dich wieder zurückgeholt hat. Wie kannst du das nur aufs Spiel setzen?“

Ich beobachtete, wie Esther neben mir aufstand, zu ihren Sachen ging und sich ihr T-Shirt über den Kopf zog.

„Chris, ich muss jetzt aufhören“, sagte ich gepresst.

Ich hörte ihn leise schnauben. „Du weißt, dass ich auf deiner Seite bin, Mann.“

„Ich weiß.“

„Krieg das in den Griff. Und ruf endlich deine Mutter an.“ Er legte auf.

Ich atmete langsam aus und ließ das Handy sinken.

Esther schlüpfte gerade in ihren Slip und ich sah, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete.

„Wir müssen reden“, sagte ich rau.

„Offensichtlich“, erwiderte sie ohne mich anzusehen. „Erzählst du mir jetzt, wieso Chris dich angeschrien hat?“

Ich stand auf und zog meine Jeans an, obwohl ich mich auch mit Klamotten verflucht nackt vor ihr fühlte. Schließlich nickte ich. „Ja. Und auch, wieso ich so seltsam war.“

Sie stand in Slip und T-Shirt vor mir und starrte mich mit schimmernden Augen an. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich es wissen will“, flüsterte sie.

Ich machte einen Schritt auf sie zu. „Es ist nichts passiert.“

Automatisch wich sie zurück und ich sah, wie sich eine einzelne Träne von ihren Wimpern löste und ihr über die Wange lief. „Nichts passiert?“, wiederholte sie heiser. „Was soll das heißen?“

„Da war … eine Barkeeperin in Vegas“, begann ich stockend zu erzählen. „Sie kannte Chris und wir haben uns unterhalten.“

Esther starrte mich an und fuck, die Verletzlichkeit in ihrem Gesicht schnitt mir in die Eingeweide.

„Und dann?“, wollte sie tonlos wissen.

„Dann hat meine verdammte Mutter angerufen“, stieß ich hervor und wünschte, ich könnte diesen Scheißabend mit all seinen Konsequenzen einfach ungeschehen machen. „Chris sagte, ich solle mit ihr reden und ich … ich hab begonnen, mich zuzuknallen.“ Ich schluckte trocken und dachte wieder an den Moment zurück, als ich einen Tequila nach dem anderen hinuntergestürzt hatte. „Danach hab ich einen Filmriss. Ich weiß nur, dass ich in meinem Hotelzimmer aufgewacht bin.“ Ich machte eine kurze Pause. „Die Kleine von der Bar war auch da und hat sich die Seele aus dem Leib gekotzt.“ Jetzt, wo ich begonnen hatte, reinen Tisch zu machen, kamen die Worte immer schneller aus mir raus. „Ich wusste nicht was passiert war – der ganze beschissene Abend war einfach weg, als hätte ihn jemand aus meinem verfluchten Gedächtnis gelöscht – aber Chris kennt sie, deswegen hab ich ihn vorhin angerufen und gebeten, mit ihr zu reden.“ Wieder machte ich einen Schritt auf sie zu und wieder wich sie zurück. „Es ist nichts passiert, das musst du mir glauben.“

„Dir glauben?“, wiederholte sie bitter. „Ich kann es höchstens dieser Barkeeperin glauben, denn du warst ja so betrunken, dass du nicht mal mehr wusstest, ob du Sex mit ihr hattest.“ Die Enttäuschung in ihrer Stimme war wie ein verfluchter Messerstich ins Herz und ich sah, wie sie sich verstohlen mit dem Handrücken die Tränen abwischte.

Zu wissen, dass ich schuld daran war, dass sie weinte, riss mir den Boden unter den Füßen weg. „Es tut mir leid“, sagte ich hilflos.

Sie schüttelte bloß den Kopf ohne mich anzusehen. Eine Weile sagte sie gar nichts und das Schweigen zwischen uns wurde immer länger. Schließlich atmete sie tief ein und richtete den Blick ihrer braunen Augen auf mich. „Das reicht nicht, Eric.“

4 thoughts on “Eric – 67

  1. Aaaaaahhhh…..endlich ist es raus! Ich leide mal wieder mit Beiden. Sie sind einfach füreinander geschaffen, wie Jing und Jang oder wie Schatten und Licht. So Gegensätzlich und trotzdem verbindet Sie ein magisches Band. So eine Beziehung wird auf Dauer echt hart. Ihr bringt diese Gefühle einfach grandios rüber. Danke?

  2. Gib ihm bitte noch eine Chance!!!! Ja es war scheiße, was er da abgezogen hat, aber er kann sich ja auch nicht von heute auf morgen um 180 Grad drehen. Und zu viel getrunken hat er ja schon immer ?
    Und Eric sei endlich ein Mann und krieg den Allerwertesten für das Mädel hoch, anstatt im Selbstmitleid zu versinken! ?
    So,…genug aufgeregt ?

  3. Na endlich, gut so, er hat wenigstens genug Eier es nicht noch länger zu Verschweigen.
    Da Esther unlängst tatsächlich betrogen wurde wird das sicher eine harte Prüfung.
    Aber die Beiden haben ja vereinbart eine Beziehung zu führen, da gibt man nicht beim ersten Sturm auf.

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