Eric – 70

Eric – 70

Ich war noch immer auf Tausend wegen diesem Idioten von Manager, als mein scheiß Handy bimmelte. Genervt zog ich es aus der Jeans und sah ihren verfluchten Namen, der dazu führte, dass sich alles in mir zusammenzog.

Sie war nach meinem Arschloch von Erzeuger der letzte Mensch, mit dem ich reden wollte, aber dann dachte ich an Chris’ Worte, dass es um mehr als um meine verkackte Kindheit ging und hob ab.

Ich hielt das Handy ans Ohr und brachte es nicht über mich, einen Ton zu sagen. Kein „Wie geht’s?“, kein „Hallo, Mama“, ich schwieg einfach und wartete darauf, dass sie endlich ihren verdammten Mund aufmachte und mir erklärte, warum sie ständig bei mir anrief.

„Eric?“, hörte ich sie schließlich fragen und ihre Stimme brachte den ganzen Scheiß von früher wieder zurück, wie so eine verfluchte Welle aus Dreck und Schmerz, in der ich unterzugehen drohte.

„Was willst du?“, presste ich schließlich doch hervor.

„Ich -“ Sie unterbrach sich. „Ich muss mit dir reden.“

Schnaufend fuhr ich mir durch die Haare. „Dann rede“, knurrte ich.

Und sie redete.

 

Nachdem sie fertig war, steckte ich das Handy wieder ein, obwohl ich es am liebsten so lange gegen die Wand gedonnert hätte, bis es nur noch ein Haufen Elektromüll war. Dann atmete ich tief durch, ein und aus, immer nur ein und aus, während die verdammten Wände immer näher kamen und ich mir daran am liebsten meine Fäuste blutig geschlagen hätte.

 

„Mr. Adams. Ich habe nicht mit Ihnen gerechnet“, sagte die Psychotante überrascht, als ich eine Stunde später bei ihr aufkreuzte.

„Ich habe auch nicht mit mir gerechnet“, gab ich zurück und marschierte ungefragt in ihr Büro. Alles war noch so wie beim letzten Mal: die kotzgelben Wände, die dunkelbraunen Möbel und der Pagenschnitt von Dr. Madison, die noch immer wie eine Bulldogge aussah.

Ohne zu fragen, ob es ihr passte, setzte ich mich auf den verdammten Sessel vor ihrem Mahagonischreibtisch und versuchte zu verstehen, welche Scheiße mich geritten hatte, hier aufzukreuzen. Aber es war nun mal passiert.

Zuerst mein beschissenes Vegas-Geständnis in den Bergen, dann die verfickte Presse, die aus der schönsten Frau der Welt meine hässliche Cousine machte, danach das Gespräch mit unserem idiotischen Manager, der auch noch stolz darauf war, diese Scheiße eingefädelt zu haben, und dann der Anruf von meiner Mutter. Der Anruf hatte mir den Rest gegeben.

„Sie wirken aufgewühlt“, sagte die Bulldogge und ich war froh, dass sie es nüchtern sagte, denn ich brauchte ihr verfluchtes Mitleid nicht.

„Da haben Sie verdammt recht“, murrte ich und fuhr mir über die Augen. Es war ein Fehler gewesen, ein beschissener Fehler. Alles war ein Fehler gewesen, herzukommen und vorher das verschissene Telefonat anzunehmen und auf Chris zu hören. Ich hätte einfach nicht auf ihn hören dürfen.

„Warum sind Sie hier?“, fragte die Bulldogge und betrachtete mich durch ihre eckigen Brillengläser hindurch. Ich kniff die Augen zusammen und hatte vergessen, was für einen verdammten Röntgenblick die Tante hatte, irgendwie hatte ich auch gerade vergessen, warum ich tatsächlich hier war.

„Ich weiß es nicht“, sagte ich.

„Doch, das tun Sie. Also?“ Sie sah mich auffordernd an. „Spucken Sie es aus.“

Ich atmete tief durch, ohne sie anzusehen. „Ich will es nicht verkacken“, presste ich dann hervor.

„Was genau?“

„Alles.“

„Nun, das wird Ihnen nicht gelingen“, entgegnete sie ruhig. „Wir alle machen Fehler – das ist Teil unserer Entwicklung.“

„Nein“, murmelte ich. „Sie verstehen nicht.“

Die Bulldogge sah auf die Uhr. „Ich fürchte, ich habe jetzt keine Zeit mehr, das in Ruhe mit Ihnen zu erörtern, Mr. Adams.“ Mit diesen Worten stand sie auf und griff nach ihrer Handtasche.

Ungläubig starrte ich sie an. „Sie wollen jetzt einfach so gehen?

Sie zuckte mit den Schultern. „Sie sind ja auch einfach so gekommen.“

„Ich dachte, Ihr Job ist es, den Menschen zu helfen.“

Die Bulldogge hielt inne und sah mich an. „Durchaus, Mr. Adams. Aber nur, wenn die Menschen das auch wirklich wollen.“

5 thoughts on “Eric – 70

  1. Oh Mann, Eric braucht wirklich Hilfe. Er muss endlich diese verdankte Wut auf alles und jeden loswerden sonst kommt er nie zur Ruhe. Was seine Mutter ihm wohl gesagt hat? Ich bin gespannt.

  2. Ich liebe Doktor Madison! Meine absolute Favoritin. Sie ist extrem sympathisch und vielschichtig und sehr authentisch. Irgendwie fällt sie ein bisschen aus der Rolle aber das macht sie nur noch interessanter

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