Eric – 83

Eric – 83

Verdammt, es hätte jede auftauchen können, aber nicht Natascha.

„Mann“, seufzte Simon noch immer, während ich ihm durch die Menge an Champagnerschlürfern folgte, „die ist so was von heiß. Warum hat das mit ihr und dir nochmal nicht geklappt?“ Seine Augen leuchteten sensationslüstern und wahrscheinlich hätte er seinen rechten Finger darum gegeben, um Natascha flachzulegen.

„Weil sie in Wirklichkeit ein Kerl ist“, sagte ich nüchtern und schrieb es dem ganzen Scheiß hier zu, dass ich mich zu dem Veranstalter treiben ließ, wie ein Stück Vieh, und nicht sofort abhaute. Das hier überforderte mich irgendwie, weil ich nicht allein hier war und vor Esther nicht einfach tun und lassen konnte, was ich wollte.

„Ne, nicht wirklich?“, fragte Simon zurück und einen Moment war er sich selbst nicht sicher, was mich etwas aufheiterte. Aber nur etwas, denn das Ganze kotzte mich an. Der Abend verlief in eine Richtung, in die er nicht verlaufen sollte und ein Blick zu Esther verriet mir, dass Natascha ihre Wirkung hinterlassen hatte.

So wie Natascha immer ihre Wirkung hinterließ.

Egal, wo sie aufkreuzte und wen sie anlächelte, sie stand immer im Mittelpunkt, sie zog die Leute an, die sie in Gedanken nur auszogen. Sie war ein beschissener Magnet, und die gemeinsame Zeit mit ihr war aufregend gewesen, die Presse hatte uns geliebt, aber das wars dann auch schon.

„Wie lange warst du mit ihr zusammen?“, wollte Simon wissen, „immerhin – wenn sie ein Kerl ist, dann hast du es ein paar Wochen mit ihr ausgehalten.“

„Macht dich das jetzt etwa an?“, fragte ich kalt und dann stießen wir auf einen großen Mann mit Glatze, der sich mit anderen wichtigen Männern unterhielt und dann schüttelte ich ein paar schwitzende Hände, und stand einfach nur da, während sie auf mich einredeten.

Ich war auch so ein beschissener Magnet.

Ich hielt es genau ein paar Sekunden aus, dann verzog ich mich einfach und merkte aus den Augenwinkeln noch, wie Simon verlegen reagierte, aber es war mir egal. Mein Hirn hatte für einen Augenblick aufgegeben, hatte sich fremdsteuern lassen, aber jetzt bekam ich die Kontrolle wieder zurück, jetzt tat ich wieder das, was ich wollte, das, was ich tun musste. Ich drängte mich durch die ganzen A- und B-Promis, zurück zu ihr.

„Esther“, sagte ich, als ich sie endlich erreicht hatte.

„Das ging aber schnell“, erwiderte sie.

„Lass uns gehen“, sagte ich.

Sie sah mich mit ihren Rehaugen an und Flo hatte genug Verstand, um sich abzumelden.

„Ich gehe mal kurz auf die Toilette“, erklärte sie knapp, bevor sie sich verzog.

Esther sah mir tief in die Augen. „Der Film hat doch noch gar nicht begonnen“, sagte sie und griff nach meiner Hand.

„Diese ganze Scheiße hier“, schnaubte ich und es war mir egal, wer das hörte, „ist nichts für dich. Wir gehen. Jetzt. Sofort.“

„Aber ich will nicht gehen“, erwiderte sie und zog die Augenbrauen missbilligend zusammen. „Wir wollen doch schließlich einen Film sehen.“ Sie zögerte kurz. „Oder gibt es einen Grund, warum du gehen willst?“

Sie betrachtete mich eindringlich, und wahrscheinlich ging hier gerade ein Frauending ab, das mich irgendwie komplett überforderte.

„Es ist sterbenslangweilig“, sagte ich, um irgendetwas zu sagen.

Esther schmunzelte und schien mich zu durchschauen. „Es ist sterbenslangweilig? Und das, obwohl ich hier bin?“

„So meinte ich das nicht“, entgegnete ich und fuhr mir durch die Haare. Mann, ich fühlte mich fast, als würde ich auf dem heißen Stuhl sitzen.

In dem Moment wurden die breiten Türen zum Kinosaal geöffnet und die Gäste wurden angewiesen, ihre Plätze einzunehmen.

„Also“, meinte Esther beinahe herausfordernd. „Willst du jetzt mit mir den Film ansehen?“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und flüsterte mir ins Ohr: „Er soll sterbenslangweilig sein, aber ich habe gehört, sie machen das Licht aus.“

Ich grinste und war wieder mal hin und weg. „Tun sie das?“

Sie nickte. „Ja, und man kann sich dann vorstellen, man wäre fast allein.“

„Fast allein? Mir hat jemand gesagt, dass sich noch ungefähr 500 Leute in dem Saal befinden“, entgegnete ich amüsiert und hatte das Gefühl, als wären wir doch irgendwie allein. Meine Mundwinkel zuckten. „Aber im Dunklen sieht keiner, wenn du rot wirst.“

 

 

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