Eric – 84

Eric – 84

Sie war umwerfend und sie wusste schon wieder nicht, wie umwerfend sie war. Ich hatte sie noch nie betrunken erlebt und wie sie so neben mir saß und sich um Kopf und Kragen redete, wie sie sich immer weiter hineinsteigerte und auf einmal alles herausließ – ich hätte sie am liebsten hochgehoben und von hier weggetragen.

Aber stattdessen stand ich auf, verschwand kurz und kam mit einer Flasche Wasser zurück.

„Hier“, sagte ich und reichte sie ihr.

„Damit ich trinke und nicht weiter irgendeinen Schwachsinn rede?“, fragte sie beinahe scheu und ich lachte so laut, dass sich vor uns zwei Typen kurz umdrehten.

„Damit du morgen keine Kopfschmerzen hast“, erklärte ich fürsorglich und deutete ihr, zu trinken. Sie gehorchte brav und in ihren Augen erkannte ich eine Mischung aus Widerwillen, Scham und Unsicherheit.

„Natascha und ich waren nur ein paar Wochen zusammen“, sagte ich, während Esther noch immer trank. Ich sah sie an. „Übrigens, du musst die Flasche nicht sofort austrinken.“

Esther setzte das Wasser ab. „Warum nur ein paar Wochen?“, wollte sie wissen und es war klar, dass ich ihr die Sache erzählen musste, damit so eine Scheiße nicht zwischen uns stand.

„Wir hatten eine Menge Spaß“, erklärte ich und bei dem Wort Spaß zuckte sie ein wenig zusammen, als wäre Spaß mit Sex gleichzusetzen, was es letztendlich auch war.

„Die Presse fuhr total auf uns ab, tut sie noch immer. Das ist so eine beschissene Power-Pärchen-Sache, die alle so lieben. Das Model und der Rockstar, das sind einfach Schlagzeilen, die sich immer gut verkaufen.“

Irgendwo weiter vorne sagte der Veranstalter ein paar Worte ins Mikro und die Schauspieler, darunter auch der Italiener, auf den Flo so abfuhr, standen auf, und alle klatschten, aber Esther sah nur mich an.

Es war klar, dass sie die ganze Story hören wollte.

„Aber ich bin nicht der Typ für eine Beziehung. Und Natascha ist noch kaputter als ich, Esther.“

Sie sah mich an und was hätte ich darum gegeben, einen Blick in ihren hübschen Kopf zu werfen.

Aber stattdessen redete ich jetzt weiter, vielleicht weil es vorhin auch so aus ihr rausgekommen war, vielleicht, weil ich diese verfluchte Spannung zwischen uns endlich auflösen wollte. Ich lehnte mich zu ihr. „Ich bin nicht der Typ für eine Beziehung“, wiederholte ich und strich ihr mit den Fingern über die Wange. „Grundsätzlich. Nur bei dir“, sagte ich und führte meine Lippen ganz nah an ihre, „nur bei dir bin ich es.“

 

Von dem Film bekam ich nicht viel mit, denn Esther und ich knutschen wie zwei verliebte Teenager. Ich konnte mich nicht daran erinnern, jemals ein Mädchen so lange geküsst zu haben, und ich hatte sicher noch nie so lange rumgemacht, ohne Sex zu haben.

Aber mit ihr war es anders, mit ihr war es schön.

Natürlich wäre ich am liebsten mit ihr verschwunden, aber es war der Kick, die 500 Leute einfach auszublenden und nichts von dem Wahnsinns-Film mitzubekommen, den alle so hypten, sondern nur mit ihr zu versinken und die Welt um uns zu vergessen.

 

„Also, der Film war grandios“, erklärte Flo als wir nach dem Kino an einem Stehtisch standen und ein paar Häppchen zu uns nahmen. Die Aftershow-Party begann gerade aufzudrehen, die Musik war okay und die ersten waren schon auf der Tanzfläche.

„Hab ich doch gesagt“, grinste Simon und wippte mit seinem Körper, als würde er sich auch gleich auf die Tanzfläche verziehen. „Ich meine, Roberto versteht einfach was er tut. Schon allein die Musikauswahl – perfekt. Ich sage euch, der Film wird sich ohne Ende verkaufen. Und das Ende, war das Ende nicht der Hammer?“

Flo nickte und Esther und ich warfen uns einen Blick zu, und mit einem Mal war ich wieder in dem Saal und spürte ihre Lippen auf meinen. Ich zog Esther zu mir und ihr Körper fühlte sich viel zu perfekt an meinem an.

„Das Ende war wirklich der Hammer“, sagte ich trocken. Esther schmunzelte.

„Ja, und so überraschend“, fügte sie hinzu.

„Genau“, stimmte uns Simon zu. „Flo hat sich auch ziemlich erschreckt.“

„Habe ich nicht“, entgegnete Flo und schlug Simon spielerisch auf die Schulter, der kurz zusammenzuckte als er einen Typen sah.

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