Eric – achtunddreißig

Eric – achtunddreißig

Ich sah sie da mit diesem Typen Händchen halten und in meinem Hirn legte sich ein Schalter um. Ich hatte jetzt die Wahl, ob ich zu ihm gehen und ihn aus dem verfluchten Fenster werfen, oder mich umdrehen und schleunigst das Weite suchen wollte. Alles in mir drängte darauf, den Typen aus dem dritten Stock des Krankenhauses zu stoßen, aber das war einfach nur verflucht egoistisch. Ich war einfach nur verflucht egoistisch, und vielleicht war es an der Zeit, mit dem Scheiß jetzt einfach aufzuhören. Vielleicht war es an der Zeit, auch mal an andere zu denken, und ihr eine glückliche Zukunft mit Goldlöckchen zu gönnen, selbst wenn ich ihm am liebsten die Fresse poliert hätte.

Ich drehte mich also um und ging. Okay, vielleicht floh ich auch, aber ich versuchte, nicht darüber nachzudenken, versuchte, über gar nichts nachzudenken, während tiefer Hass und die verdammte Leere in mir tobte.

Wütend auf mich selbst schlug ich mit der Hand gegen die Aufzugstür. Ich war so ein Idiot. Hatte ich ernsthaft erwartet, dass jemand wie sie keinen Freund hatte?

Die Türen öffneten sich mit einem Pling vor meiner Nase und ich stieg ein. Von draußen hörte ich jemanden meinen Namen rufen, aber ich hatte jetzt keinen Bock auf irgendeine aufdringliche Krankenschwester. Mühsam beherrscht drückte ich auf den Knopf für das Erdgeschoss und die Türen begannen, sich zu schließen.

„Eric … warte!“, hörte ich eine Frau rufen und diesmal erkannte ich die Stimme … es war ihre Stimme. Mein Herz machte einen schmerzhaften Sprung und mit einer schnellen Bewegung hielt ich die Aufzugstüren auf. Als ich wieder zurück auf den Flur trat, knallte Esther in einem geblümten Krankenhaushemd gegen mich. Sie taumelte zurück und ich streckte im Reflex die Arme aus, um sie aufzufangen. Ihr Brustkorb hob und senkte sich schnell, während ich sie in meinen Armen hielt, und ich konnte kaum glauben, was sie getan hatte. Verdammt, sie war vor ein paar Tagen erst wieder aus dem Koma aufgewacht!

„Alles okay?“, fragte ich und meine Stimme hörte sich nicht wirklich nach mir an. Ihr Körper zitterte und ich zog sie automatisch näher an mich, während ich nicht wusste, was ich fühlen sollte. Es tat so unglaublich gut, sie zu halten, gleichzeitig gefiel es mir nicht, wie leicht sie war und ich hatte Schiss, weil sie aussah, als könnte sie jeden Moment ohnmächtig werden.

„Er ist nicht mein Freund“, stieß sie hervor und dieser eine Satz spülte die ganze negative Scheiße in mir weg und legte sich wie ein Balsam über alles, über mein ganzes Inneres. Ihre unglaublichen Augen suchten die meinen und in ihnen lag so viel, dass ich am liebsten nie wieder weggesehen hätte.

„Ich bring dich zurück ins Bett“, sagte ich, weil ich merkte, dass sie immer mehr zu schwanken anfing. „Leg deine Arme um meinen Hals. Ich trag dich.“

Sie schüttelte den Kopf, aber ich hatte keine Lust, das mit ihr zu diskutieren und hob sie kurzerhand hoch. Nach einem Moment des Zögerns schlang sie ihre Arme um meinen Hals und legte ganz zart ihren Kopf auf meine Schulter. Sie war erschreckend leicht.

„Versprich, dass du nie wieder einem Typen hinterher läufst, wenn du gerade erst aus dem Koma aufgewacht bist“, murmelte ich, während ich sie zurück zu ihrem Bett trug.

„Versprochen“, flüsterte sie erschöpft.

„Und auch sonst nicht“, setzte ich nach und sie hob den Kopf und sah mich mit einem hinreißenden Lächeln an. In dem Moment kam uns Goldlöckchen entgegen und sein Gesicht wirkte unglaublich angepisst.

„Ist das der Typ?“, knurrte er. „Der, mit dem du laut deiner Freundin Sex haben wirst?“

Ich fühlte, wie Esther sich in meinen Armen verspannte und sah das Arschloch kalt an.

„Genau der bin ich“, erwiderte ich langsam. „Und du bist der Typ, der jetzt einen Abflug macht.“

Er starrte mich an und ein Anflug von Unsicherheit huschte über sein Gesicht.

„Verpiss dich“, setzte ich nach. „Jetzt.“

Er öffnete den Mund, aber ich hatte keine Lust, weiter mit ihm meine Zeit zu verschwenden und ließ ihn einfach stehen. Zurück in ihrem Zimmer, ließ ich Esther vorsichtig ins Bett gleiten. Dabei rutschte der Stoff ihres Nachthemdes ein wenig hoch und ich ertappte mich dabei, auf ihre unglaublichen Beine zu starren.

13 thoughts on “Eric – achtunddreißig

  1. JAAAAA! Das ist ja mal sowas von schön! Auf eine solche Wendung haben wir glaube alle gewartet 😉 Jetzt ist das Wochenende doch gerettet… <3

  2. Boah danke! Endlich eine kleine Erlösung! Einfach mega, wie ihr eure Spannungsbögen spannt! Und obwohl das schon ein kleines Happy-End ist, freue ich mich trotzdem auf Dienstag, wie es weitergeht 🙂
    Euch ein tolles Wochenende!!

  3. Ich finde es sehr schön, dass die Beiden sich endlich „gefunden“ haben. Wo bei ja doch noch etwas passeren wird, da sie sich ja in der Welt der 8 Sinne wiedertreffen. Ich bin sehr gespannt.

    Euch viel Spaß auf der Buchmesse und schönes Wochenende 🙂

  4. Das Warten hat sich wirklich gelohnt. Ich habe den Text jetzt bereits x-Mal gelesen und habe jedes Mal wieder ein Lächeln im Gesicht.

    Ich bin schon gespannt, wie es am Dienstag weiter geht.

  5. Jaaaa!
    Ich hatte schon beinahe die Befürchtung, ihr Würdet uns weiter zappeln lassen… Aber Gott sei Dank habt ihr uns nun endlich ein wenig erlöst!! (Auch wenn ich immer noch das Gefühl habe, dass das so einfach und so schön nicht enden wird…)

  6. Ohhh schön. Damit hab ich gar nicht gerechnet. Toller Ausgang. So kann man gleich viel besser ins Wochenende starten. Danke euch. Schönes Wochenende und ich freue mich auf Dienstag, wie es weiter geht.

  7. Hallo zusammen,

    vielen Dank für euer total entzückendes Feedback!! Wir haben uns ja sooo gefreut, dass es euch gefällt und wir haben uns auch total gefreut, einige von euch auf der Messe zu treffen!!
    Am Dienstag geht es natürlich weiter mit Eric & Esther, mal sehen, wohin uns die Reise noch führen wird… 🙂
    Viele Grüße & euch eine gute Nacht!!!

    Carmen & Ulli

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