Esther – 111

Esther – 111

Das Wartezimmer war pastellfarben gestrichen. Auf den Tischen neben mir lagen ein paar Zeitschriften, vor allem irgendwelche Frauenmagazine. Ich hatte mir eine davon geschnappt, blätterte in Wahrheit aber nur darin herum.

Denn ich war zu nervös, um irgendetwas zu lesen.

Gegenüber von mir saß eine schwangere Frau auf einem der modernen Lederstühle und strich sich in regelmäßigen Abständen über ihren kugelrunden Bauch. Ich wusste nicht, ob sie es tat, um sich oder das Kind zu beruhigen – auf alle Fälle machte mich ihre Bewegung nur noch nervöser. Und ihr Bauch.

Schnell zog ich mein Handy aus der Hosentasche.

Eric hätte schon vor zwei Minuten hier sein sollen. Auch wenn mir klar war, dass er Bandprobe hatte und der Verkehr gerade am Nachmittag unberechenbar war, half mir Logik in dem Moment nicht weiter. Ich wollte, dass er sein Versprechen hielt und bei mir war.

Ich wollte das nicht alleine durchstehen.

Die Frau mit dem dicken Bauch lächelte mich an. „Sind Sie das erste Mal hier?“, fragte sie.

Ich nickte. „Ist das so offensichtlich?“

„Sie müssen sich keine Gedanken machen. Die Frau Doktor ist ganz reizend und auch ihre Mädchen sind total hilfsbereit. Und ich muss es wissen, schließlich ist der hier“, sie strich sich weiterhin kreisend über ihren Bauch, „schon mein Dritter. Ich würde hier nicht herkommen, wenn die Praxis nicht exzellent wäre.“

„Natürlich nicht“, sagte ich und hoffte, dass mich die brünette Frau mit dem Pagenschnitt nicht weiter in ein Gespräch verwickeln wollte. Sie war freundlich, aber ich war zu aufgeregt, um eine wirklich sinnvolle Konversation zu führen.

Wo blieb Eric?

In dem Moment öffnete sich die milchglasfarbene Tür und zwei junge Mädchen betraten den Raum. Sie schienen in ein Gespräch vertieft zu sein und beachteten uns gar nicht.

„Und sie verschreibt sie dir?“, flüsterte die Blonde mit dem Nasenpiercing der Dunkelhaarigen zu, als sie sich neben uns setzten.

„Warum nicht? Das letzte Mal hat es auch geklappt. Und es hat funktioniert – wie du siehst.“

„War dir nach der Pille danach dann übel?“

„Es ging. Ein wenig schon. Aber immerhin noch besser“, ihr Blick huschte zu der schwangeren Frau, „als ein Baby.“

Ich versuchte mich wieder auf die Zeitschrift in meinen Händen zu konzentrieren, auch wenn ich sie nicht las.

„Mensch, du solltest echt besser mit der Verhütung aufpassen. Nimmst du nicht die Pille?“

Die Dunkelhaarige schlug die Beine übereinander. „Doch, natürlich, aber wenn ich Party mache, vergesse ich sie manchmal am nächsten Tag. Das kommt vor. Du hältst mir doch jetzt keine Standpauke? Wenn dir das zu krass ist, können wir auch nächste Woche shoppen gehen.“

„Iwo. Das ist deine Sache, ich habe nur gelesen, dass die Abtreibungspille nicht so gut ist, es kann ja auch zu Blutungen kommen. Aber wenn du sie schon mal genommen hast …“

„Das ist echt halb so wild, außerdem ist das andere keine Alternative. Ich bin doch noch viel zu jung für ein Kind“, sagte ihre Freundin und nahm sich eines der bunten Frauenmagazine. „Hey, schau – die Schuhe sehen ja mega aus.“

Und dann begannen die zwei über die verschiedenen Outfits zu sprechen. Die Schwangere, die das Gespräch der beiden ebenfalls verfolgt hatte, suchte den Blickkontakt zu mir und bedeutete mir mit einem leichten Kopfschütteln, dass sie nichts von den jungen Frauen hielt. Ich lächelte sie nur kurz an und hatte das Gefühl zwischen den Extremen meines eigenen Gefühlszustands zu sitzen.

Die eine Seite, die sich noch nicht bereit für eine Schwangerschaft fühlte und die andere, die das Baby schon jetzt innerlich umarmte. Denn schon jetzt, wie ich hier saß, fragte ich mich, ob alles okay war.

In dem Moment öffnete sich die Tür und mein Herz machte einen Satz. Aber es war nicht Eric, der seinen Kopf ins Wartezimmer steckte, sondern die rothaarige Ärztin, die mich anlächelte. „Miss Anderson?“

„Ja, das bin ich“, sage ich und schielte noch einmal auf mein Handy.

Eric hatte mir immer noch keine Nachricht geschickt.

Ich schluckte und wusste, dass er nicht kommen würde.

 

8 thoughts on “Esther – 111

  1. Warum?!Jetzt kommt nicht Eric zum Frauenarzt Termin ich mach mir sorgen um den Termin vielleicht passiert irgendwas oder nicht?
    Ich freue mich schon auf Freitag?;-)

  2. OOOH, das musste ja wieder sein……….Eric, Eric……….wir warten auf Freitag – und darauf, ob du doch noch erscheinst…..und wenn nicht – welche Ausrede es diesmal gibt….
    MÄNNER……….. ;))

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