Esther – 117

Esther – 117

„Bella wäre doch ein cooler Name“, sagte Zoe und schob sich einen Löffel Erdbeereis in den Mund. „Oder Edward, wenn es ein Junge wird.“ Dabei grinste sie frech.

„Wir benennen unser Kind sicher nicht nach einer Romanfigur“, murrte Eric, der sein Eis bisher nicht angerührt hatte.

„Jetzt bleib mal locker“, entgegnete Zoe. „Wenn dir Edward nicht gefällt, wie wäre es dann mit Jacob? Du könntest ihn Jake rufen.“

„Nein!“, schnappte Eric augenblicklich. „Auf keinen Fall.“ Seine Stimme klang dabei so wütend, dass Zoe und ich erschrocken zusammenzuckten.

„Sag mal, geht’s dir nicht gut?“, fauchte Zoe, aber ich sah in ihren Augen, dass ihr der Schreck noch immer in den Knochen saß.

„Tut mir leid“, stieß Eric nach einem Moment hervor und stand ruckartig auf. „Ich muss mal kurz raus“, meinte er dann und verschwand in Richtung der Toiletten.

„Whoa. Was war das denn?“, fragte mich Zoe, kaum, dass er außer Hörweite war.

„Keine Ahnung“, murmelte ich und blickte ihm mit gerunzelter Stirn hinterher. „Ich rede nachher mit ihm.“

„Nicht nötig“, erwiderte Zoe schnell und presste die Lippen aufeinander. „Ich werde ohnehin nicht lange bleiben.“ Dabei rammte sie den Löffel in ihr Eis und wich meinem Blick aus.

„Gibt es denn irgendetwas, das ich wissen sollte?“, fragte ich vorsichtig und rutschte auf der lederbezogenen Bank etwas näher zu ihr.

Stumm schüttelte sie den Kopf.

„Zoe“, sagte ich leise. „Ich kann doch sehen, dass dich etwas belastet. Hat es mit eurem Streit von vorhin zu tun?“

Sie schwieg noch immer und ich legte ihr sanft die Hand auf den Unterarm. „Du kannst mit mir reden. Ich werde Eric nichts sagen, wenn du das nicht möchtest.“

Zoe atmete tief ein und ihre Augen begannen zu schimmern. „Ich kenne ihn überhaupt nicht“, brach es dann aus ihr heraus.

„Wen kennst du nicht?“

„Eric. Und meinen richtigen Vater. Ich habe einen Vater und einen Bruder, die ich nicht kenne und eine Mutter, die mich schon mein ganzes Leben lang angelogen hat.“

Aus Zoes Stimme klang solch eine Bitterkeit, dass ich sie am liebsten in den Arm genommen hätte, aber ich spürte, dass das nicht die Reaktion war, die sie jetzt brauchte.

„Also stimmt es, dass ihr denselben Vater habt?“

Sie nickte und griff nach der dünnen Papierserviette unter ihrem Eisbecher, um sich damit die Augen abzutupfen. „Eric passt nicht als Spender“, flüsterte sie dann. „Deshalb muss ich meinen leiblichen Vater finden. Es ist meine letzte Chance.“

Ihre Worte waren wie ein Schlag in die Magengrube. Ich hatte so sehr gehofft, dass die Untersuchungen ein anderes Ergebnis bringen würden. „Und deswegen habt ihr gestritten?“, fragte ich tonlos.

Zoe nickte abermals und steckte sich einen Löffel von ihrem halb geschmolzenen Eis in den Mund. „Mein großer Bruder scheint der Meinung zu sein, dass ich es mir leisten kann, auf ein verdammtes Wunder zu hoffen, nur weil er unseren Vater nicht leiden kann.“

In diesem Moment kam Eric mit verschlossener Miene von der Toilette zurück.

„Du wirst seine Hilfe nicht brauchen“, sagte er beherrscht. „Ich habe mit dem Krankenhaus gesprochen. Sie lassen eine Spezialistin einfliegen, die sich deinen Fall ansieht.“

Zoe starrte ihn ungläubig an. „Das hast du jetzt gemacht, während du auf dem Klo warst?“

„Ich hatte den Kontakt schon vorher“, gab er kurz angebunden zurück.

„Bevor ich heute bei dir aufgekreuzt bin?“

Ein Muskel auf Erics Wange zuckte, bevor er knapp nickte. „Ich hatte gehofft, dass es nicht nötig sein würde.“ In diesem Moment piepste mein Handy und ich holte es aus der Tasche.

„Was ist los?“, fragte Eric, als er mein Gesicht sah.

„Eine Nachricht von meinen Eltern“, antwortete ich entschuldigend. „Sie kommen übers Wochenende in die Stadt und fragen, ob wir gemeinsam Essen gehen möchten.“

Zoe blickte von mir zu Eric und hob beide Augenbrauen. „Eurer unbändigen Begeisterung nach zu schließen, wissen sie noch nichts von der frohen Botschaft?“

Ich biss mir auf die Lippen und schüttelte den Kopf.

Eric setzte sich wieder auf seinen Platz und griff nach meiner Hand. „Noch nicht. Aber das werden wir ändern.“

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