Esther – 120

Esther – 120

Sie brachten mich in das Untersuchungszimmer eines Krankenhauses, das ich nicht kannte. Eric hielt die ganze Zeit meine Hand und wich nicht von meiner Seite. Der Schmerz war inzwischen abgeklungen, aber die Tränen flossen dennoch unaufhörlich über meine Wangen. Ich hatte keine Kontrolle darüber, es passierte einfach, obwohl ich versuchte, stark zu sein. Obwohl ich mir einzureden versuchte, dass es so vielleicht ohnehin besser war.

„Guten Abend. Ich bin Doktor Clark“, hörte ich schließlich jemanden sagen und blickte zur Tür. In diesem Moment betrat ein junger Mann mit haselnussbraunen Locken den Raum, der so aussah, als ob er gerade erst das Medizinstudium beendet hätte.

„Hallo“, flüsterte ich schwach und sah, wie Eric sich anspannte, als der superjunge Arzt an mein Bett herantrat.

„Hier steht, Sie hatten Blutungen und Schmerzen im Unterleib“, meinte er ruhig und überflog ein paar Zeilen auf einem Klemmbrett.

„Und sie musste sich übergeben“, presste Eric hervor und strich mir über die Stirn.

„Okay. Das ist in diesem Stadium der Schwangerschaft nicht ungewöhnlich“, sagte der junge Mann und ich spürte, wie mir eine weitere Träne über die Wange lief, da ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt noch schwanger war.

„Wir werden einen Bluttest machen und einen Vaginalultraschall durchführen“, fuhr er fort und streifte sich ein Paar Latexhandschuhe über. „Versuchen Sie sich jetzt zu entspannen“, wies er mich an, während er sich auf einen Hocker setzte und zu meinem Behandlungsstuhl rollte. Dann tastete er mich behutsam ab und zog kurz darauf die Handschuhe wieder aus, bevor er sie in einen Mülleimer warf. „Die gute Nachricht ist, dass der Muttermund noch fest verschlossen ist“, meinte er dann und ich drückte Erics Hand fester, während eine alberne dumme Hoffnung in mir aufflackerte.

„Das heißt, es ist vielleicht … noch da?“, fragte Eric heiser und da lag eine Unsicherheit in seiner Stimme, mit der ich nicht gerechnet hatte.

„Das werden wir jetzt überprüfen“, sagte Dr. Clark und rollte ein modernes Ultraschallgerät mit einem Monitor zu meinem Behandlungsstuhl.

„Nicht erschrecken, das ist jetzt vielleicht ein wenig kalt“, meinte der Arzt, als er das Kontaktgel auftrug. Kurz darauf zog ich die Luft ein und richtete meinen Blick auf den kleinen schwarzen Monitor, auf dem eine Art Blase zu erkennen war.

„Das ist das Innere Ihrer Gebärmutter“, sagte der junge Mann und bewegte das Ultraschallgerät sanft ein wenig hin und her. „Und hier ist die Fruchthöhle“, fuhr er fort und fuhr mit dem Mauszeiger über eine Stelle auf dem Bildschirm, bevor er zu lächeln begann. „Und da ist Ihr Baby“, sagte er dann voller Wärme.

Bei seinen Worten zog sich mein Herz krampfhaft zusammen und ich starrte blinzelnd auf den Bildschirm, auf dem ein helles Pünktchen flatternd auf und ab hüpfte.

„Ist das …?“, brachte Eric hervor und der junge Arzt nickte.

„Ja, das ist der Herzschlag.“

Er drückte ein paar Tasten auf dem Gerät und zoomte damit das Bild auf dem Monitor weiter heran, bis das flimmernde Pünktchen deutlich zu sehen war. Schluchzend presste ich mir die Hand vor den Mund, während Eric mich auf die Schläfe küsste.

„Es ist noch da, siehst du, es ist noch da“, flüsterte er immer wieder und ich nickte unter Tränen, als Dr. Clark auf eine Taste drückte und das Gerät kurz darauf ein Bild von unserem Baby ausspuckte.

„Die Größe des Embryos entspricht der Dauer Ihrer Schwangerschaft“, sagte er. „Blutungen in der Frühschwangerschaft sind gar nicht so ungewöhnlich“, fuhr er auf meinen fragenden Blick hin fort. „Ich werde Ihnen Magnesium verschreiben und Sie über Nacht zur Beobachtung hierbehalten.“

Ich nickte dankbar und nahm den kleinen Zettel entgegen, auf dem unser Baby zu sehen war.

„Ich lasse Sie einen Moment allein“, sagte Dr. Clark und ging zur Tür. „Eine Schwester wird Sie in Kürze auf Ihr Zimmer bringen.“

„Danke“, sagte ich, als der Arzt auf den Flur hinaustrat. Dann strich ich sanft mit dem Daumen über das Foto. „Kannst du das glauben? Das ist unser Baby“, sagte ich zu Eric, als von der Tür ein ersticktes Keuchen zu hören war.

4 thoughts on “Esther – 120

  1. Ihr macht mich grade echt fertig. Ich hab das Gefühl meine ganze Schwangerschaft nochmal zu durchleben – puh. Ich hoffe Eric kriegt sich jetzt ein bisschen ein!

  2. Vielleicht ist es ihre Schwester also die kam lange nicht mehr vor und sie ist ja Krankenschwester na ja ich hoffe es ist alles gut und wird so bleiben
    O:-)

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