Esther – 151

Esther – 151

Nach dem Telefonat mit Eric lehnte ich mich auf dem gemütlichen Sofa in unserem neuen Haus zurück und legte die Hände auf meinen Bauch. Das Baby bewegte sich darin und trat mit seinen Füßchen so fest gegen meine Bauchdecke, dass es beinahe wehtat. Lächelnd drückte ich den kleinen Fuß ein wenig zurück, was ein weiteres Strampeln zu Folge hatte.

„Hey, willst du eine Suppe?“ Zoe war die Treppe heruntergekommen und marschierte schnurstracks zu dem riesigen Kühlschrank, den wir im Laufe der letzten Woche mit frischen Lebensmitteln befüllt hatten. Da wir das Haus von den Vorbesitzern vollständig möbliert übernommen hatten, war es uns möglich gewesen, praktisch sofort einzuziehen. Eric hatte nur die Lattenroste und Matratzen in den Betten durch neue ersetzen lassen und einen Putztrupp angeheuert, der das Haus einmal von oben bis unten blitzblank gereinigt hatte. Nun glänzten alle Fensterscheiben im ganzen Haus und die Bettwäsche duftete mit den frisch gewaschenen Vorhängen um die Wette.

„Esther?“ Zoe warf mir einen belustigten Blick über die Schulter zu. „Ist das Baby jetzt schon so riesig, dass es deine Ohren verstopft?“

„Sorry“, gab ich lächelnd zurück, während ich mein Handy auf den Couchtisch legte. „Ich war mit den Gedanken woanders. Und ja bitte, ich hätte gern eine Suppe.“

„Alles klar.“ Zoe holte die fertig vorgekochte Suppe aus dem Kühlschrank und leerte den Inhalt der Schüssel in einen Topf auf dem Herd. Ihre beschwingten Bewegungen ließen darauf schließen, dass sie sich hier ebenso wohlfühlte wie ich.

„Gefällt es dir hier?“, fragte ich leise, während das Baby schon wieder trat und ich sanft zurückstupste.

Zoe warf mir unter ihrem dunklen Haarschleier einen prüfenden Blick zu. „Versprich mir, es Eric nicht auf die Nase zu binden, wenn ich ehrlich antworte.“

Ich hob die Finger. „Indianerehrenwort.“

Sie grinste. „Es ist echt schön“, meinte sie dann. „Ich vermisse zwar den Pool auf der Dachterrasse, aber mein Turmzimmer ist verdammt cool. Vor allem hab ich jetzt endlich mein eigenes Bad.“

„Darüber bist nicht nur du glücklich. Eric meinte letztens, dein Make-up stünde kurz davor, die Herrschaft im Bad an sich zu reißen.“ Schmunzelnd sah ich zu, wie sie mir die Zunge rausstreckte, während ich mir eine kuschelige Decke über den Bauch zog und mich auf dem Sofa räkelte. „Eric hat hier echt was ganz Besonderes gefunden.“

„Warst du eigentlich gar nicht sauer, dass er dich nicht zuerst gefragt hat?“ Zoe rührte mit dem Kochlöffel in der Suppe, während durch das gekippte Fenster die ersten Grillen zu hören waren.

Kopfschüttelnd genoss ich das leise Zirpen und die Gerüche des duftenden Gartens. „Nein. Er wusste, dass ich an dem Tag mit Flo unterwegs war, um mir ein Brautkleid auszusuchen. Außerdem ging er davon aus, dass es wieder so ein langweiliger Besichtigungstermin werden würde, den man nur macht, um ihn auf der Liste abhaken zu können. Aber dann war es doch das Richtige.“ Ich zuckte lächelnd mit den Schultern. „Und das hat er gespürt. Für mich hat Eric alles richtig gemacht.“

„Du bist echt verknallt“, sagte Zoe kopfschüttelnd, was mich zum Lachen brachte. „Ja, vielleicht.“

„Zum Glück hat der Bauchzwerg heute nicht ernst gemacht“, fuhr sie fort, während sie sich zischend eine Dose Sprite öffnete. „Eric wäre ausgerastet.“

„Das waren nur Vorwehen“, wiegelte ich ab. „Die sind ganz normal.“

„Soll ich dir sagen, was nicht normal ist?“ Sie nahm einen großen Schluck. „Dass ihr noch immer nicht wisst, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird.“

„Wir möchten uns eben überraschen lassen.“

„Verrückt“, murmelte sie nur.

„Scheint gerade eine verrückte Zeit zu sein“, gab ich zurück, während ich meinen Blick durch das offene Wohnzimmer gleiten ließ. Überall stapelten sich noch die Kisten mit den Büchern aus meiner Wohnung, die ich noch nicht ausgepackt hatte. Dabei wurde mir zum ersten Mal so richtig bewusst, dass das hier gerade alles wirklich passierte. Ich würde in einer Woche den Mann meiner Träume heiraten, wir zogen zusammen in ein neues Haus und bekamen sogar noch ein Baby. Das war alles ganz schön viel.

„Ich glaube, die Suppe ist fertig aufgewärmt“, sagte Zoe und drückte ein paar Knöpfe auf dem Herd. „Mist, jetzt hab ich die Kindersicherung eingeschaltet.“

Lachend hievte ich meinen aufgeschwemmten Körper in die Höhe, um ihr zu helfen, als das Telefon klingelte.

„Lass mich raten: Das ist mein Bruder, der wissen will, ob noch immer alles okay ist“, sagte Zoe augenrollend.

Ich warf einen Blick auf das Display des Handys und schüttelte irritiert den Kopf. „Nein, es ist der Hochzeitsplaner. Komisch. So spät hat er noch nie angerufen.“

2 thoughts on “Esther – 151

  1. Die Aussprache zwischen den beiden war wohl längst überfällig. Dann ist jetzt hoffentlich alles geklärt.
    Aber was will der Hochzeitsplaner jetzt?

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