Esther – 53

Esther – 53

Da war es also, das Wort, und mir stockte völlig kitschig der Atem, als er es sagte. Eine Beziehung mit Eric, das war mehr, als nur daten und Sex. Das war doch das, was ich mir insgeheim die ganze Zeit über gewünscht hatte … warum machten mir seine Worte also Angst?

„Begeisterung sieht anders aus“, bemerkte er und strich mir sanft die Haare hinters Ohr.

Ich blickte ihm in seine schönen blauen Augen und versuchte in Worte zu fassen, was ich selbst nicht ganz verstand.

„Ich schätze, ich kann mir das noch nicht so richtig vorstellen“, flüsterte ich. „Ich meine … du bist du und ich bin ich.“

„Das ist richtig“, erwiderte er mit einem unwiderstehlichen Lächeln. „Und ich bin auch verdammt froh, dass du du bist“, fügte er hinzu und küsste meine Fingerknöchel. „Und nicht ich.“

„Hm“, bemerkte ich wenig eloquent.

„Weißt du … jemand hat mal auf einem Bungee-Kran zu mir gesagt, dass man nur springen muss – und dann sieht man schon was passiert. Also spring mit mir, Esther.“

Er sah mich eindringlich an und seine Worte brachten etwas in mir zum Vibrieren. Und dann spürte ich, wie mein Kopf nickte und als nächstes fühlte ich seine Lippen auf meinen und dann war da nichts mehr als die Gewissheit, dass das die richtige Entscheidung war.

 

Nach dem sanften Kuss und einigen neugierigen Blicken der zwei älteren Damen verließen wir die Kirche und Eric fuhr mit mir zurück in die Stadt. Ich wollte noch nicht nach Hause, also gingen wir in ein winziges Kino, in dem es einen super kitschigen Film spielte, den er sich alleine mit Sicherheit niemals angesehen hätte. Doch Eric beschwerte sich nicht. Stattdessen kaufte er mir lächelnd eine Riesentüte Popcorn und drei verschiedene Packungen mit Gummizeug – und als wir dann nebeneinander in dem dunklen Kinosaal saßen, warf ich ihm immer wieder skeptische Seitenblicke zu, da ich nicht glauben konnte, wie zufrieden er aussah. Es schien ihm völlig zu genügen, hier mit mir zu sitzen und Popcorn zu essen, während sich auf der Leinwand ein Liebesdrama abspielte, das stellenweise sogar mir zu schnulzig war.

Es war ein seltsames Gefühl. Tim war mit mir so gut wie nie in irgendwelche Liebesfilme gegangen – und wenn, dann nur mit dem allergrößten Widerwillen. Ich konnte mich noch an sein genervtes Stöhnen erinnern, wenn die romantische Musik einsetzte und fragte mich nun, ob das an Tim oder an mir gelegen hatte.

Würde Tim bei einer Frau, für die er wirklich viel empfand, seine Liebesfilm-Aversion über Bord werfen? Oder interpretierte ich in diese Sache zu viel hinein?

Ich starrte noch immer gedankenversunken auf Eric, der selbst beim Popcorn-Essen sexy aussah, als sich das Pärchen auf der Leinwand zum ersten Mal im Regen küsste.

Eric fing grinsend meinen Blick auf und plötzlich hatte ich keine Lust mehr, den Film weiter anzusehen. Wieder drängten die Bilder der letzten Nacht in meinen Kopf, als wir uns in meiner Wohnung geliebt hatten, und ich hätte schwören können, dass er an dasselbe dachte. Mit einem Mal war die Luft zwischen uns so aufgeladen, dass ich die Spannung wie ein Prickeln auf meiner Haut fühlte.

Ich beugte mich zu ihm rüber. „Lass uns von hier verschwinden“, hauchte ich in sein Ohr und dann spürte ich schon seine Hand, die nach meiner griff und mich aus dem Kinosaal zog.

 

Wir schafften es bis in den Fahrstuhl. Eric hatte in der Tiefgarage geparkt und ich keuchte auf, als sich die Türen des Aufzugs hinter uns schlossen und er mich im nächsten Moment gegen die Wand drückte. Seine Küsse raubten mir den Verstand und mein ganzer Körper bäumte sich ihm entgegen. Er schaffte es, Empfindungen bei mir zu wecken, die noch nie ein Mann zuvor geweckt hatte, und ich konnte es nicht erwarten, endlich mit ihm allein zu sein.

Als der Fahrstuhl hielt, löste er sich widerwillig von mir und sah mich einfach nur an. Wir atmeten beide schneller und Eric war mir so nah, dass ich die straffen Muskeln seiner Brust auf meiner fühlen konnte.

Sein Blick brannte sich in meinen und er schüttelte langsam den Kopf. „Verdammt.“ Langsam hob er die Hand und strich mit dem Daumen über meine Unterlippe. „Weißt du eigentlich, wie schön du bist?“

4 thoughts on “Esther – 53

  1. Moment, mir ist was aufgefallen. Im 5. Buch vom „8 Sinn“ ( lese nochmals alles) hat ja unsere Wächterin eine Vision von Bens weltlichen Leben. Da hieß er aber nicht Erik, sondern war auf dem Weg zu ihm und hatte im Cafe bei Esther bestellt. Prüft nochmals nach. Liebe Grüße Sonst lese ich fleißig Erik und Esther 😉

    1. Liebe Beate,
      das freut uns riesig, dass Du alles von uns liest 🙂 Du hast Recht, Eric ist nach seinem Besuch im Café tatsächlich auf dem Weg zu Erik (seinem Anwalt). Unseres Wissens, wird Bens früheres Ich in den Acht Sinne-Romanen niemals mit Namen genannt, deshalb ist es Dir wahrscheinlich komisch vorgekommen.
      Viele Grüße, Ulli & Carmen

  2. Falls diese Geschichte irgenwann einmal fertig sein sollte, fönde ich es super-mega-hammermäsig-toll, wenn es dazu eine Verfilmung geben würde.
    Liebe Grüsse und weiter so
    Valérie

Schreibe einen Kommentar zu Beate Rantzsch Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top