Esther – 59

Esther – 59

So, wie Eric sagte, dass er sich um Greg kümmern wollte, wusste ich, dass es nichts Gutes war.

„Nicht“, setzte ich an, aber er schüttelte den Kopf und drückte mir die Schlüssel zu seinem Porsche in die Hand.

So etwas hatte er bisher noch nie gemacht und es gefiel mir nicht. Genauso wenig wie das harte Funkeln in seinen Augen.

„Lass uns gehen“, drängte ich und drückte die Tür des Coffeeshops halb auf.

„Nein, schon gut“, hörte ich Gregs herausfordernde Stimme von der anderen Seite des Raumes. „Bin ja gespannt, was dein Held jetzt vorhat. Willst du mich etwa verprügeln?“, fragte er dann in Erics Richtung und stellte das Tablett mit den Kaffeetassen mit einem hörbaren Scheppern auf dem Tresen ab. Dabei zog er sein Handy aus der grünen Schürze und ein dreckiges Grinsen flackerte über sein Gesicht. „Mach nur. Dann verdien’ ich mir an dir eine goldene Nase wegen Körperverletzung.“

„Eric, lass uns gehen“, wiederholte ich starr, da es mir Angst machte, welcher Hass in seinen blauen Augen aufloderte.

„Ja, tu was deine Kleine sagt“, zischte Greg und ich hätte ihm für seine Sticheleien am liebsten selbst eine runtergehauen. Seit ich wieder zu arbeiten begonnen hatte, hatte Greg mir durch sein ganzes Verhalten zu verstehen gegeben, dass er meine Zurückweisung, damals vor dem Unfall, noch immer nicht verwunden hatte. Offenbar konnte er mit Ablehnung nicht umgehen, und noch weniger mit der Tatsache, dass ich jetzt mit Eric zusammen war, auch wenn ihn das nichts anging.

„Was ist hier los?“, erklang in diesem Moment die tiefe Stimme von meinem Boss. Er schob seinen massigen Körper durch die Tür des Hinterzimmers und blickte stirnrunzelnd zwischen Greg, Eric und mir hin und her.

„Gehört Ihnen der Laden?“, fragte Eric kühl.

„So ist es“, erwiderte mein Chef und kniff die Augen zusammen. „Wieso fragen Sie?“

„Weil ich Ihnen 25.000 gebe, wenn Sie dieses Arschloch“, Eric nickte mit dem Kinn in Richtung von Greg, „mit sofortiger Wirkung entlassen.“

 

„Ich kann noch immer nicht glauben, dass er sich darauf eingelassen hat“, murmelte ich in seinem Auto, auf dem Weg zu seiner Suite.

„Ich hätte ihm auch das Doppelte gegeben“, knurrte Eric und stieg hart aufs Gaspedal. Sanft griff ich nach seinem Arm und strich mit dem Daumen über seinen Handrücken.

„Du hättest das nicht zu tun brauchen.“

„Ich weiß“, murrte er. „Und glaub nicht, dass ich es nur für dich getan hab. Der Gesichtsausdruck von dem Arschloch waren die 25 Riesen definitiv wert.“

„Es muss verrückt sein, so viel Geld zu besitzen“, murmelte ich.

Er sah mich kurz von der Seite an, als ob er nicht genau wüsste, wie ich das meinte.

„Es ist tatsächlich verrückt“, erwiderte er dann. „Aber manchmal auch auf die gute Art.“

„Hast du schon mal was Gutes mit deinem Geld getan?“, fragte ich neugierig und blickte aus dem Fenster, wo die nächtlichen Lichter der Stadt an uns vorüberzogen.

„Ja, gerade eben“, sagte er trocken.

Ich lächelte. „Das meinte ich nicht.“

„Du meinst so etwas wie: eine Schule in Namibia eröffnet?“, erwiderte er. Sein Tonfall war aggressiver als sonst, und ich wusste nicht, ob es an meiner Frage oder an Greg lag, dass er so reagierte.

„Was ist denn los?“, fragte ich ihn. „Glaubst du etwa, dass ich dich verurteile?“

„Tust du es denn?“, fragte er zurück.

„Nein.“ Ich schüttelte den Kopf. „Es ist dein Geld, du kannst damit machen, was du willst.“

Er schnaubte kurz und sagte nichts mehr. Daraufhin sagte ich auch nichts mehr und binnen Sekunden war die Atmosphäre in seinem Wagen so angespannt, dass ich am liebsten ausgestiegen und zu Fuß nach Hause gegangen wäre.

„Was passiert hier?“, fragte ich schließlich in das kalte Schweigen hinein. „Wieso streiten wir uns eigentlich?“

Eric hielt an einer roten Ampel und fuhr sich mit der Linken durch seine schwarzen Haare. „Ich habe keine Ahnung“, gab er schließlich zu. „Ich schätze, ich bin einfach nur angespannt.“

„Willst du drüber reden?“, flüsterte ich und strich mit den Fingerspitzen über die dunklen Bartstoppeln auf seiner Wange. Er hielt meine Hand mit seiner fest und blickte auf sein Handy, bevor er kurz den Kopf schüttelte.

„Es ist nichts.“

Ich glaubte ihm zwar nicht, aber ich wollte die wiedergewonnene Nähe nicht durch einen dummen Satz kaputtmachen.

„Dann lass uns den heutigen Abend einfach nur genießen“, schlug ich vor und spürte Erics Lippen auf meinen Fingerknöcheln, als er nickte. „Ja. Denn morgen früh sitze ich schon im Flieger nach Vegas.“

6 thoughts on “Esther – 59

  1. Endlich da! Und schon wieder bis Freitag warten… Wie habt ihr anderen das nur immer ausgehalten, ich habe den gesamten Blogroman in zwei Tagen (gestern und vorgestern) durchgelesen..

  2. Ja ich bin auch schon wieder total hibbelig und ich habe ihn vor zwei Tagen an einem Tag durch gehabt und ich kann es immer wieder wiederholen er ist einfach nur sooooooo unglaublich gut das man es kaum erwarten kann

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