Esther – vierundvierzig

Esther – vierundvierzig

Erics Lippen senkten sich auf meine und ich vergaß zu atmen. Seine Berührung war zärtlich und leidenschaftlich zugleich, es war eine unglaubliche Mischung, und ich wollte nichts weiter, als ihm noch näher zu sein. Er vergrub seine Hand in meinem Haar und ich schlang meine Arme um seinen Nacken, während mir ein leises Seufzen entwich. Endlich küsste er mich und dieser Kuss übertraf all meine Erwartungen. Mein ganzer Körper kribbelte und ich wollte mehr davon, wollte mehr von ihm, obwohl mich eine leise Stimme in meinem Kopf warnte, jetzt nichts zu überstürzen. Seine zweite Hand glitt über meinen Rücken hinunter bis zu der Stelle über meinem Po und ich fühlte den sanften Druck, mit dem er mich noch näher an sich zog.

„Ich hoffe, ihr wollt auch etwas kaufen“, drang die mürrische Stimme der alten Ladenbesitzerin an mein Ohr. „Andernfalls sucht euch ein Zimmer.“

Abrupt löste ich mich von Eric und stolperte einen Schritt zurück. Mein Herz klopfte wie verrückt und Erics Atem ging ebenfalls ein bisschen schneller. Es gefiel mir, dass er in der Situation doch nicht so cool war, wie ich erwartet hatte, und im nächsten Moment griff er nach meiner Hand.

„Komm“, sagte er. „Lass uns gehen.“

 

Wir verließen den Kostümladen und die Luft draußen roch so frisch und rein, die Sonne schien so warm und hell, der Himmel war so unfassbar blau – und Erics Hand fühlte sich so gut an in meiner.

„Willst du mir deine Wohnung zeigen?“, fragte Eric und die Worte ließen meinen Magen einen aufgeregten Hüpfer machen. Ich biss mir auf die Lippen und warf ihm einen kurzen Blick von der Seite zu.

„Meine Wohnung entspricht wahrscheinlich nicht dem, was du gewohnt bist“, erwiderte ich leise.

„Hoffentlich“, antwortete er trocken. „Ich hab schon genug Zeit meines Lebens in Hotels verbracht. Die sind irgendwann auch nicht mehr so cool wie am Anfang.“

Wir erreichten meinen Wagen und ich nestelte den Schlüssel aus der Tasche. „Aber im Gegensatz zu einem Hotel war meine Wohnung überhaupt noch nie cool“, sagte ich und er grinste.

 

Ich war nervös, als ich in meiner Straße parkte, und ich war noch nervöser, als Eric mir durch das düstere Treppenhaus nach oben folgte. Unser Gespräch war auf dem Weg hierher irgendwann erstorben und ich bekam den Gedanken nicht aus meinem Kopf, dass der Anblick meiner schäbigen Möbel und der winzigen Zimmer irgendetwas zwischen uns verändern würde. Es kam mir dumm vor, ich kam mir dumm vor, denn ich war mir sicher, dass Eric kein oberflächlicher Typ war, auch wenn er in seinen Interviews manchmal vorgab, einer zu sein. Aber wer imstande war, solche Songs zu schreiben, wer imstande war, solche Gefühle in seine Stimme zu legen, der konnte unmöglich oberflächlich sein. Dennoch zitterten meine Finger, als ich den Wohnungsschlüssel ins Schloss steckte und die Eingangstür aufsperrte. Sofort beim Hineingehen fiel mir auf, dass es hier drin noch immer furchtbar stickig war und das Lüften gestern Abend kaum etwas gebracht hatte. Rasch huschte ich ins Wohnzimmer und riss die Fenster auf.

Eric schloss die Tür hinter sich und blickte sich um. Seine Miene verdüsterte sich für einen Moment und mir war, als hätte mir jemand in den Bauch getreten. Ich schluckte trocken.

„Ich sagte doch, es ist nicht das, was du gewohnt bist“, erklärte ich mit leiser Stimme.“

Er schüttelte den Kopf. „Das ist egal. Wichtig ist, dass du dich wohlfühlst.“

Der Satz war jetzt nicht unbedingt das, was ich hören wollte, aber ich versuchte, mir nichts anmerken zu lassen.

„Willst du was trinken?“, fragte ich, weil mir sonst nichts einfiel.

Er nickte. „Was hast du denn da?“

„Äh … Wasser. Und Tee.“

Er zog eine dunkle Augenbraue hoch. „Überhaupt nichts Alkoholisches?“

„Ist meine Wohnung nur mit Alkohol zu ertragen?“, fragte ich schärfer, als ich wollte.

Er sah mich irritiert an. „Nein, ich wollte bloß …“ Er verstummte. „Vergiss es“, meinte er dann.

5 thoughts on “Esther – vierundvierzig

  1. Naja, in den 8 Sinnen ist er ja auch so. Will nur das Beste für „sein Mädel“ drückt sich aber wie der letzte Arsch aus. Wahrscheinlich hat er bloß gedacht er müsse seine holde Maid aus der Versenkung retten und sich dazu noch ein wenig Mut antrinken ?
    Bin gespannt was ihr Freitag aus seiner Sicht zu der Situation schreibt, also was er wirklich gedacht hat.

  2. Oh wow… Hab totales Herzklopfen!!!

    In den letzten Tagen hab ich euren Blogroman in jeder freien Sekunde verschlungen..

    Ihr seid echt der Wahnsinn!!

    Ich freue mich schon sehr, wenn ich endlich die ‚8 Sinne-Reihe‘ und die ’17-Reihe‘ in einem Rutsch durchlesen kann..

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