Esther – 150

Esther – 150

Die Idee von Zoe und Flo war absolut göttlich gewesen. Kein Junggesellinnenabschied in einer Bar, in der ich ohnehin nichts trinken durfte, mit irgendwelchen Striptease-Tänzern, die um meinen riesigen Babybauch herumtanzten und sich Schlagsahne auf die Brust sprühen ließen – sondern ein Mädels-Wochenende in einem schicken Wellness-Hotel mit dem weltbesten Massageangebot, das es nur gab.

Mit einem wohligen Seufzen schloss ich die Tür zu meinem Hotelzimmer auf und ließ mich tiefenentspannt auf das frisch überzogene Doppelbett fallen. Mein ganzer Körper duftete noch nach meiner letzten Honigmassage und meine Haut fühlte sich wie Samt an. Gerade eben konnte ich mir nicht vorstellen, dass es auch nur einen einzigen Stripper auf der Welt gäbe, der mich so glücklich hätte machen können.

Als mein Handy klingelte, fischte ich es aus meiner Bademanteltasche und nahm den Anruf grinsend an.

„Hey. Ich hab gerade an dich gedacht.“

„Tatsächlich?“, fragte Eric auf der anderen Seite. Schon allein der Klang seiner tiefen Stimme brachte meine Nervenenden dazu, ziemlich eindeutige Reize an meinen Körper zu schicken, der sofort mit einem wohligen Schauer reagierte.

„Ehrlich gesagt habe ich gerade an einen heißen Stripper gedacht, aber du bist besser.“

Eric lachte. „Das will ich ja hoffen. Wie geht es dir?“ Irgendwo im Hintergrund bei ihm muhte eine Kuh, was mich noch mehr zum Lächeln brachte.

„Mir geht es fantastisch. Ich hatte gerade eine Honigmassage und fühle mich, als würde ich auf Wolken schweben. Und wie geht’s dir? Wie war der erste Tag vom Teambuilding?“

Bei dem tiefen Seufzen, das Eric daraufhin ausstieß, meldete sich mein schlechtes Gewissen. Ich lag hier in einem luxuriösen Hotelzimmer mit Blick auf eine idyllische Parkanlage inklusive mehreren Swimmingpools im Freien und er saß mit Simon und den Jungs irgendwo am Ende der Welt fest, um ihre Probleme in den Griff zu bekommen.

„Es ist die Hölle“, erklärte er dann. „Wir spielen den ganzen Tag irgendwelche bescheuerten Spiele, um uns wieder näher zu kommen. Ich fühle mich, als wäre ich zurück im Kindergarten.“

„Was für Spiele?“

„Willst du das wirklich wissen?“

Bei der trockenen Art, in der er die Frage stellte, musste ich lachen. „Natürlich will ich es wissen. Und ich bin sicher, Flo und Zoe wollen es auch wissen, wenn ich sie in einer Stunde zum Abendessen treffe.“

„Darauf würde ich wetten.“ Eric klang amüsiert, so schlimm konnte es also nicht gewesen sein. „Der Trainer, den Simon uns aufs Aug gedrückt hat, ist eigentlich ganz okay“, gab er dann zu. „Am Anfang dachte ich, er wäre ein totaler Idiot, aber wie sich herausgestellt hat, war sein exzentrisches Verhalten nur eine Masche, damit wir ihn alle zusammen bescheuert finden.“

„Als erste Teambuilding-Maßnahme?“ Ich musste lächeln. „Klingt unkonventionell.“

„Yep. Danach mussten wir mit rohen Spaghetti und einem Marshmallow einen Turm bauen, der von allein steht.“ Er hielt kurz inne. „Und dafür wird der Typ auch noch bezahlt.“

Lächelnd veränderte ich meine Position auf dem Bett, bis ich bequemer lag. „Und, ist euer Turm gestanden?“

„Ja. Aber der von Cliff und Noah war höher.“

„Du warst mit Aron im Team?“

„Yep“, presste Eric hervor, während hinter ihm wieder das Muhen einer Kuh zu hören war.

„Versteht ihr euch nach dem Turmbauen denn schon ein wenig besser?“, fragte ich behutsam, obwohl ich wusste, dass Aron seit der Prügelei für Eric ein rotes Tuch war.

„Nicht wirklich.“

„Gib dem exzentrischen Trainer noch etwas Zeit. Vielleicht wird das ja noch.“

„Ja, vielleicht“, murrte er, obwohl er nicht so klang, als würde er selbst daran glauben. „Ich vermisse dich“, fügte er schließlich mit rauer Stimme hinzu.

„Ich dich auch.“ Das tat ich wirklich. „Es wäre schön, wenn du jetzt hier wärst. Aber dafür gehört das ganze nächste Wochenende nur uns beiden.“

„Shit“, murmelte Eric in dem Moment. „Das hab ich völlig vergessen, dir zu sagen. Nächstes Wochenende bin ich nicht hier, da haben wir so einen beschissenen Gig in New York.“

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