Esther – fünfzehn

Esther – fünfzehn

Flo verabschiedete sich von mir und ich guckte auf dem Handy nach, wer angerufen hatte.

Natürlich war es wieder Tim. Hätte ich mir denken können.

Verärgert öffnete ich die WhatsApp, die er mir geschickt hatte. Darin schrieb er, wie sehr er mich vermisste, und was er alles dafür geben würde, wenn ich ihm verzieh.

Schon allein seine Entschuldigungen zu lesen, machte mir schlechte Laune. Konnte man unerwünschte Kontakte nicht einfach blockieren? Ich drückte eine Weile auf dem Handy herum, bis ich die Funktion gefunden hatte und legte es zur Seite.

Im nächsten Moment schickte er mir eine SMS. Mit einem Knurren hob ich das Telefon hoch, widerstand dem Drang, es gegen die nächste Wand zu pfeffern, und schaltete es aus.

Danach setzte ich mich mit dem Laptop aufs Bett und arbeitete weiter an meinem Projektthema. Ich musste auch noch für die Prüfung in Zivilrecht lernen und nachdem ich heute schon eine Schicht im Café hinter mich gebracht hatte, war ich einfach nur müde. Nachdem ich eine Stunde recherchiert hatte, wiederholte ich den Stoff der letzten Vorlesungen und versuchte, mich in dem Gewirr aus Paragrafen und Gesetzestexten zurechtzufinden.

Irgendwann bekam ich Hunger. Gähnend tappte ich in die Küche und schob mir eine Tiefkühlpizza in den Ofen. Während ich die Backzeit auf der Verpackung las, gähnte ich erneut.

Für heute hatte ich echt genug geschafft. Ich schlurfte zurück ins Wohnzimmer, setzte mich aufs Sofa, und machte für einen Moment die Augen zu.

 

Das Dauerklingeln der Türglocke riss mich aus dem Schlaf. Erschrocken fuhr ich hoch. Die ganze Wohnung war voller Rauch und jemand klingelte wie verrückt an meiner Tür. Ich sprang auf und atmete viel zu tief ein. Sofort musste ich husten. Mein Herz raste, als ich in die Küche lief und die Fenster weit aufriss. Der Rauch kam aus dem Ofen und ich schaltete schnell den Herd aus, bevor ich zurück zum Fenster stürzte und einen tiefen Zug frische Luft nahm. Zum Glück hatte ich Newton vorhin hinausgelassen.

Meine Türklingel läutete noch immer Sturm und ich rannte als nächstes in mein winziges Vorzimmer, um zu öffnen. Ich erwartete, die Nachbarin von unten vor meiner Tür stehen zu sehen, aber tatsächlich war es Flo, die mir mit schreckensbleichem Gesicht um den Hals fiel.

„Scheiße, ich dachte, du willst dich umbringen!“, rief sie und drückte mich fest an sich. „Den Rauch riecht man ja bis hier auf den Gang!“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich hab nur aus der Ofenpizza Kohle gemacht.“

„Allerdings“, stimmte mir Flo zu und betrat naserümpfend meine verqualmte Wohnung. „Du kannst froh sein, dass ich vorbeigekommen bin.“

„Wieso bist du denn vorbeigekommen?“, fragte ich und musste nochmals husten. „Nicht, dass ich nicht froh darüber wäre.“

„Nachdem du mir abgesagt hattest, wollte ich mich mit Mike in der Stadt treffen“, erzählte sie und zog ihre Jacke aus.

„Mike? Ich dachte, der wäre seltsam und somit Geschichte.“

„Ist er auch“, sagte Flo, die todesmutig als Erste die Küche betrat. „Aber er hat mir ein paar wirklich süße Nachrichten geschickt, da wollte ich ihm noch eine Chance geben.“ Sie öffnete den Herd, aus dem uns sofort dichter Rauch entgegenwallte und klappte ihn rasch wieder zu. „Mike hat sich bei dem Treffen jedoch als völliger Idiot entpuppt“, informierte sie mich über die Schulter und durchwühlte meine Bestecklade. „Hast du hier drin nicht irgendetwas, womit man das verkohlte Ding aus deinem Ofen holen kann?“

Ich stellte mich neben sie und förderte einen Pfannenwender zutage.

„Wird schon gehen“, sagte Flo und hob die rauchende Pizza in die Spüle, wo wir sie mit Wasser löschten. „Natürlich wusste ich schon vorher, dass Mike ein Idiot ist, aber ich hab ja wieder mal nicht auf mein Gefühl gehört. Dann hab ich versucht, dich zu erreichen, und als du nicht rangegangen bist, hab ich mich ganz komisch gefühlt. Ich hab sogar“, sie stockte für einen Moment, „kurz richtig Angst bekommen.“ Flo zuckte mit den Schultern. „Jedenfalls hab ich da beschlossen, auf mein ungutes Gefühl zu hören und zu dir zu fahren. Und wie man sieht, hab ich dir damit das Leben gerettet.“

„Danke, Flo“, sagte ich leise. „Ich bring mal schnell die Pizza raus, sonst werden wir den Gestank nie los.“

 

Als ich zurück in die Wohnung kam, stand Flo gerade vor einem meiner noch nicht ausgepackten Kartons und zog eine Bleistiftzeichnung daraus hervor.

„Die ist ja hübsch“, meinte sie und wedelte mit dem Blatt vor meiner Nase herum. „Von dir?“

Mit zwei schnellen Schritten war ich bei ihr und nahm ihr die Zeichnung behutsam aus der Hand.

„Nein, nicht von mir … ein Geschenk“, sagte ich leise und betrachtete die feinen Linien.

„Woher hast du es?“, fragte sie und ließ sich im Schneidersitz auf meinem Sofa nieder.

3 thoughts on “Esther – fünfzehn

    1. Liebe Laura-Sophie, das ist ja seltsam, denn wir haben diesen Fehler eigentlich schon am Montag behoben. Funktioniert der Link bei Dir noch immer nicht richtig?
      Hier ist jedenfalls zur Sicherheit der richtige Link, der Dich verlässlich zu Eric 14 bringt: https://www.rosesnow.de/eric-vierzehn/
      Herzliche Grüße!
      Ulli & Carmen

  1. Liebe Ulli, liebe Carmen
    Ich wollte euch einfach noch sagen:
    Eure Bücher ? sind wunderbar!! Von den 3 Lilien über die 11 Gezeichneten bis zu Sommer mit Happy End! Ich liebe diese Mischung aus Liebe ? und Fantasy!! Vielen, vielen, vielen Dank und Grüsse aus der Schweiz ?? Valérie

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