Großer Sommerblock: Eric & Esther machen Ferien!

Großer Sommerblock: Eric & Esther machen Ferien!

Hallo ihr Lieben!

Die Sommerpause ruft! Wie in den letzten beiden Jahren haben wir auch in diesem Sommer von unseren Familien striktes WLAN-Verbot bekommen – weshalb wir eifrig vorgearbeitet haben, um euch den vorübergehenden Abschied nicht ganz so schwer zu machen.

Wir wünschen Euch jetzt schon viel Spaß mit einer extra langen Fassung des Blogromans und hoffen, ihr habt einen großartigen Sommer!

Neue Folgen von Eric & Esther gibt es wieder ab September!

Alles Liebe,
Eure Ulli & Carmen

 

Eric – 128

Esther sah mich nachdenklich an und nickte schließlich langsam. „Okay, dann werde ich das Praktikum nicht ablehnen.“

„Gut.“

„Auch, wenn ich keine Ahnung habe, wie wir das alles hinkriegen“, fuhr sie fort.

„Das schaffen wir schon.“ Ich küsste sie auf den Mund. „Sehen wir uns heute Nachmittag bei Zoe?“

Esther überlegte einen Moment und rechnete im Kopf nach. „Ich weiß noch nicht, ob ich es schaffe. Aber ich versuch’s.“

„Bitte versuch es sehr nachdrücklich“, erwiderte ich mit einem schiefen Grinsen. „Zoe ist einfach schon zu lang in dem verdammten Krankenhaus. Bei meinem letzten Besuch war sie unausstehlich.“

Esther schmunzelte. „Dann hast du ja schon eine ungefähre Ahnung, wie es mit mir werden wird, wenn ich unser Kind auf die Welt bringe.“

***

Der Krankenhausgeruch schlug mir mit einer Heftigkeit entgegen, dass ich automatisch die Luft anhielt. Ich nahm den Lift in den dritten Stock und zog meine Kapuze tiefer ins Gesicht, als mich die Frau in der Kabine seltsam anstarrte. Offenbar erkannte sie mich trotzdem, denn ich sah, wie sie in ihrer Handtasche zu kramen anfing. Hoffentlich hielt der verdammte Lift bald an. Als er seine Türen öffnete, stürmte ich hinaus in den Gang und schlug mit raschen Schritten den Weg zu Zoes Zimmer ein.

Dabei hoffte ich, dass die Frau ihren Hintern im Fahrstuhl ließ, da ich jetzt wirklich keinen Bock auf ein Selfie mit einem aufdringlichen Fan hatte. Ohne anzuklopfen rauschte ich in Zoes Zimmer und machte rasch die Tür hinter mir zu.

In Zukunft wird das alles noch viel schlimmer, schoss es mir durch den Kopf, als ich an Esther dachte. Wenn das Baby erst mal da war, würden wir keinen Schritt ohne Security machen können.

In diesem Moment sah ich sie. Sie war halb von dem Besucherstuhl aufgestanden und trug einen lachsfarbenen Mantel, der seltsam fremd an ihr aussah. Ihre schlanken Finger lagen noch immer auf denen meiner Schwester und ich spürte, wie meine Pumpe einen Satz machte, als ich ihr so unmittelbar gegenüberstand.

„Eric“, sagte Zoe überrascht. „Ich wusste nicht, dass du kommst.“

„Kein Problem. Ich kann wieder gehen“, presste ich hervor und wandte mich zur Tür.

„Eric, warte!“ Die Stimme meiner Mutter klang dünn und nervös. „Bleib hier. Ich gehe.“ Sie richtete mit einer hastigen Bewegung ihr Haar und mir zog es die Eingeweide zusammen, weil ich diese Geste so gut kannte.

Zoe saß aufrecht im Bett und blickte unglücklich zwischen unserer Mutter und mir hin und her. Kurz tat es mir leid, dass ich nicht mal fünf beschissene Minuten lang so tun konnte, als ob alles okay wäre, aber es ging einfach nicht.

„Ich ruf dich an, Schatz“, sagte die Frau, die mich geboren und dann einfach wie ein Stück Dreck zurückgelassen hatte, bevor sie sich zu Zoe hinunterbeugte, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Dann richtete sie sich wieder auf und straffte die Schultern. Der Blick, den sie mir dabei zuwarf, löste etwas in mir aus, etwas, das ich nicht fühlen wollte.

Die Stille zwischen uns dehnte sich seltsam in die Länge, als meine Mutter ihre Handtasche nahm und in Richtung Tür ging. Als sie an mir vorbeikam, blieb sie kurz stehen und sah mir direkt in die Augen.

„Eric …“

„Nein“, sagte ich hart.

Ihre Unterlippe begann zu zittern. „Ich weiß, dass ich nicht wiedergutmachen kann, was zwischen uns passiert ist. Ich wollte dir nur sagen …“ Sie holte tief Luft und ihre schimmernden Augen bohrten sich in meine. „Danke. Danke, dass du ihn dafür bezahlt hast, sie zu retten.“

Da ich nicht wusste, was ich darauf sagen sollte, nickte ich einfach nur.

In diesem Moment flog die Tür auf und Esther platzte in den Raum. Sie hatte eine Hand auf ihren Bauch gelegt und wirkte so erhitzt, als wäre sie die Treppen hochgerannt.

„Sorry für die Verspätung“, schnaufte Esther, bevor sie dem neugierigen Blick meiner Mutter begegnete.

 

Esther – 129

Obwohl ich Erics Mutter erst einmal gesehen hatte, erkannte ich sie sofort. Und obwohl sie mich auch erst einmal gesehen hatte, erkannte sie mich offenbar ebenfalls wieder.

„Hi“, stammelte ich und sah unschlüssig von ihr zu Eric und zu Zoe, die ungewöhnlich still war. „Ich bin Esther.“

„Ich bin … Zoes Mutter“, erwiderte sie und streckte mir nach kurzem Zögern die Hand entgegen.

In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich meine Rechte noch immer auf meinen Bauch gelegt hatte und ließ sie rasch sinken. Erics Mutter folgte der Bewegung und ich sah, wie sich ihre Augen kurz weiteten, bevor wir uns die Hände schüttelten. Danach herrschte einen Moment lang eine unangenehme Pause und ich spürte, wie Eric seinen Arm um mich legte und mich an sich zog.

Seine Mutter holte tief Luft und rückte nervös den Trageriemen ihrer Handtasche auf ihrer Schulter zurecht. „Okay, dann werde ich jetzt wohl besser gehen.“

„Tu das“, sagte Eric kalt. Ich griff beruhigend nach seiner Hand, während seine Mutter den Kopf senkte und ein paar Schritte zur Tür machte. Sie hatte die Hand schon auf die Klinke gelegt, als sie sich doch noch einmal umdrehte und uns ansah.

„Ich weiß, es geht mich nichts an …“, flüsterte sie.

„Dann hör jetzt auf zu reden“, knurrte Eric.

„Hey, jetzt krieg dich wieder ein“, sagte Zoe und schüttelte den Kopf. „Wenn die ersten Fotos in der Presse auftauchen, wird sie es sowieso erfahren.“

„Also stimmt es?“, flüsterte Erics Mutter und hatte plötzlich Tränen in den Augen. „Werde ich … werde ich Großmutter?“

„Du wirst gar nichts“, sagte Eric entschieden. „Esther und ich werden Eltern. Das hat nichts mit dir zu tun.“

„Das … das verstehe ich“, hauchte sie und nickte rasch. „Tut mir leid.“

„Und hör auf, dich zu entschuldigen!“, schnappte Eric. „Geh einfach. Du bist kein Teil meines Lebens mehr.“

„Ich weiß“, erwiderte sie tonlos und drückte die Klinke hinunter, um zu verschwinden.

„Wow. Das war hart“, sagte Zoe und verschränkte die Arme vor der Brust, kaum dass die helle Krankenhaustür mit einem leisen Klicken wieder ins Schloss gefallen war.

Ich ging zu ihrem Bett und gab ihr zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange, bevor ich in meine Tasche griff und eine Packung Chips sowie ein Musikmagazin hervorzog. „Eric sagte, du kriegst bereits den Lagerkoller.“

„Das tue ich“, stöhnte Zoe und krallte sich das Magazin und die Chips, als ob es sich dabei um ein Überlebenspaket handeln würde. „Gesund zu sein und dennoch in einem Bett rumliegen zu müssen, ist ätzend.“

„Ich weiß. Aber es dauert nicht mehr lange, dann bist du hier raus, oder?“, fragte ich und warf einen kurzen Blick zu Eric. Er wirkte noch immer verdammt aufgewühlt von der Begegnung mit seiner Mutter und ich verstand ihn.

Ich verstand aber auch Zoe, die sich wünschte, dass die Situation zwischen den beiden etwas entspannter wäre.

„Ja, die Ärzte sagen, ich darf in einer Woche gehen. Unglaublich, aber ich freue mich sogar schon wieder auf die Schule.“

„Das ist gut“, sagte ich und lächelte sie aufmunternd an.

„Ja, Schule ist gut“, wiederholte Eric tonlos.

„Okay. Stimmung, Leute!“, rief Zoe und schüttelte den Kopf. „Was habt ihr denn in nächster Zeit Schönes geplant?“

„Keine Ahnung. Wir heiraten?“, meinte ich spontan und Zoe riss die Augen auf.

„Nein, ehrlich?“

„Total ehrlich“, erwiderte ich lächelnd.

„Wow, das ist – ihr macht jetzt Schrauben mit …“ Sie runzelte nachdenklich die Stirn.

„Nägel mit Köpfen heißt das“, korrigierte Eric sie und gab ihrem Fuß unter der Decke einen leichten Schubs.

„Okay, dann eben das. Und wann wird die Hochzeit stattfinden? Wer weiß denn schon davon?“ Zoes Aufregung war ansteckend und ich musste lächeln, als mir plötzlich ein Gedanke kam.

„Verdammt, Eric. Wir müssen es noch meinen Eltern sagen.“

 

Eric – 129

„Nervös?“, fragte mich Esther von der Seite, während die Felder rechts und links an uns vorüberzogen.

„Wie kommst du darauf?“, murmelte ich und umschloss das Lenkrad ein wenig fester.

Sie seufzte. „Du hast die letzte halbe Stunde kaum drei Sätze mit mir gewechselt. Außerdem fährst du nicht ansatzweise so schnell wie sonst.“

„Du bist immerhin schwanger“, erwiderte ich, obwohl die Begründung Bullshit war. Ich hatte einfach keinen Bock, ihren Eltern früher als nötig unter die Augen zu treten.

Ein ganzes Wochenende dort. Schon allein bei dem Gedanken ging mir die Pumpe hoch und ich hoffte, dass es irgendeine Möglichkeit gab, das Ganze abzukürzen. Wobei ich nicht sicher war, ob Esther es gut fand, wenn ich sie nach dem Mittagessen wieder in die Karre verfrachtete und mit einem Abstecher nach Paris, Hawaii oder Aspen überraschte. Mir war es eigentlich egal, wohin – so lange ich mich nicht für die nächsten zwei Tage mit meinen zukünftigen Schwiegereltern rumschlagen musste – die ja schon im Restaurant deutlich gemacht hatten, dass sie kein Fan unserer spontanen Familienplanung waren.

„Meine Eltern haben sich inzwischen eingekriegt“, versicherte mir Esther und legte mir zart ihre Hand auf den Oberschenkel. „Mach dir keine Gedanken, sie haben sicher nichts gegen die Hochzeit.“

„Klar. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie dein Vater seinen Suppenlöffel zur Seite legt und ein paar Luftsprünge macht, wenn wir ihm davon erzählen.“

Esther lachte, aber mir ging der nervöse Unterton in ihrer Stimme nicht. „Hör auf. Ich bin sicher, sie freuen sich für uns.“

Darauf erwiderte ich nichts, sondern warf nur einen kurzen Blick auf das Navigationsgerät. Es war noch etwas über eine Stunde bis zu ihren Eltern – und spätestens dann würden wir ja sehen, wie sehr sich ihre Eltern über die frohe Botschaft freuten.

 

„Hallo Mum. Hi Dad“, begrüßte Esther ihre Eltern und ließ sich von beiden in den Arm nehmen, während ich noch damit beschäftigt war, die schwarzen Taschen aus dem Kofferraum zu holen. Am liebsten wäre es mir gewesen, nach dem Essen in einem Hotel zu übernachten, doch Esthers Eltern hatten klargemacht, dass wir bei ihnen schlafen sollten. Oder zumindest sollte Esther bei ihnen schlafen – und ich hatte nicht vor, sie allein zu lassen.

„Hallo Eric.“ Esthers Mutter lächelte, als ich mit den Taschen in den Händen zur Haustür kam. Ihr Vater räusperte sich und nickte mir halbwegs freundlich zu, als von drinnen ein hohes Kläffen zu hören war.

„Habt ihr jetzt einen Hund?“, fragte ich, während sich Esthers Augen weiteten.

„Oh nein. Sagt nicht …“, setzte sie an, woraufhin ihre Mutter rasch den Finger auf die Lippen legte und den Kopf schüttelte.

Stirnrunzelnd beobachtete ich das seltsame Verhalten und konnte mir nicht so recht einen Reim darauf machen.

„Sie ist einfach unangemeldet aufgekreuzt und hat sich nicht mehr abwimmeln lassen“, flüsterte Esthers Mutter mit einem nervösen Blick über die Schulter, während das Kläffen von drinnen noch immer anhielt.

„Von wem redet ihr?“, fragte ich und sah zwischen Esther und ihrer Mutter hin und her.

Esther verzog unglücklich das Gesicht. „Von Tante Melody“, hauchte sie dann in mein Ohr. „Sie ist die Frau von Papas Bruder und … etwas speziell.“

„Mit speziellen Frauen kann ich umgehen“, erwiderte ich zuversichtlich und zwinkerte Esther zu.

Sie knuffte mich daraufhin mit einem halbherzigen Lächeln in die Seite, während ihr Vater mich wesentlich ernster musterte. Unter seinem Blick verging mir das Schmunzeln und ich atmete tief durch, als das Gekläffe von drinnen näher kam. Ein paar Sekunden später erschien eine dralle Mittfünfzigerin mit einer blonden Dauerwelle in der Tür. Sie roch, als wäre sie heute Morgen in einen Kessel Parfum gefallen und wurde von einem hektischen Pudel verfolgt, der bei unserem Anblick noch lauter bellte.

„Esther!“, rief die Tante und streckte beide Hände mit den beringten Fingern nach ihr aus. „Wie schön, dass wir uns endlich wiedersehen!“

 

Esther – 130

Tante Melody schloss mich in eine feste Umarmung und ich versuchte, nur durch den Mund zu atmen, da ihr starker Parfumgeruch eine Welle von Übelkeit in mir auslöste.

„Hey. Das ist ja eine Überraschung“, murmelte ich schwach, als sie mich endlich wieder losließ. Dabei griff ich instinktiv nach Erics Hand. Seine Finger schlossen sich sofort warm und fest um meine, wodurch ich mich gleich etwas besser fühlte.

„Ja, ich war in der Gegend und dachte, ich schaue auf einen Sprung bei euch vorbei.“ Tante Melody lächelte breit und verschlang gleichzeitig Eric mit ihren Augen. „Und wer ist das?“, fragte sie dann.

„Das ist Eric. Mein …“ Ich stockte kurz, da mir plötzlich das Wort „Verlobter“ in den Sinn kam. „Mein Freund“, fuhr ich rasch fort und hoffte, dass Melody nicht vorhatte, sehr lange zu bleiben.

„Sie kommen mir irgendwie bekannt vor, junger Mann.“ Tante Melody kniff die Augen zusammen, während ihr Pudel noch immer kläffend zwischen unseren Beinen herumsprang.

„Eric ist Musiker. Vielleicht hast du ihn mal in einem Magazin gesehen“, warf meine Mutter ein und schnupperte in der Luft. „Du meine Güte! Die Lasagne!“, rief sie dann und stürmte an Tante Melody vorbei in die Küche.

„Musiker?“, wiederholte Tante Melody verzückt und strahlte ihn an. „Ich habe als junges Mädchen auch eine Musikkarriere in Betracht gezogen.“

„Wie schade, dass daraus nichts geworden ist“, murmelte mein Vater in seinen Bart und ich unterdrückte ein Lächeln, da Melodys Stimme tatsächlich kein bisschen zu ihrem Namen passte. „Wollen wir reingehen?“, fragte er dann und machte eine einladende Handbewegung.

„Nichts lieber als das“, erwiderte Eric, dem man zum Glück nicht anhörte, dass er log.

Wenig später saßen wir alle um den großen Esstisch versammelt. Mama hatte ihn liebevoll gedeckt und mit einem bunten Blumenstrauß dekoriert, was sie sonst nur bei besonderen Anlässen wie Geburtstagen machte. Außerdem hatte sie eines meiner Lieblingsessen gekocht und mich beschlich der Verdacht, dass es ihre Art war, sich für das misslungene Abendessen im Hotel zu entschuldigen. Tante Melody redete ohne Unterlass auf Eric ein, der an den richtigen Stellen charmant lächelte und währenddessen unter der Tischplatte meine Hand drückte.

„Mein Musiklehrer meinte ja, ich hätte eine wunderschöne Singstimme“, erklärte Melody gerade schmatzend und schnitt sich noch ein Stück von der Lasagne ab. „Aber ich war schon immer sehr praktisch veranlagt. Und im Showbusiness ist man ja auch ganz schnell wieder weg vom Fenster, nicht wahr?“ Sie spülte mit einem Schluck Wein nach und blickte mich an. „Tim hat übrigens einen neuen Job, wie ich gehört habe. Er arbeitet jetzt als Produktmanager bei so einer großen Tiefkühlkette. Er soll ziemlich gut verdienen.“

Eric zog neben mir eine Augenbraue hoch und ich verkniff mir ein Lächeln. Offenbar hatte Tante Melody keine Vorstellung davon, wie viel Eric verdiente, wobei ich auch nicht vorhatte, sie darüber aufzuklären.

„Ich habe mit Tim schon ewig keinen Kontakt mehr“, erwiderte ich deshalb nur.

„Natürlich“, sagte Melody. „Und wie lange kennt ihr beiden euch schon?“ Die Neugier stand ihr ins Gesicht geschrieben und ich wusste genau, dass sie es kaum erwarten konnte, ihren Nachbarinnen alles über Eric und mich zu erzählen.

„Wir haben uns kurz vor meinem Unfall kennengelernt“, erwiderte ich unverbindlich und schielte dabei unauffällig auf die Uhr. Obwohl wir erst eine Viertelstunde miteinander am Tisch saßen, fühlte es sich mindestens drei Mal so lang an.

„Also kennt ihr euch noch nicht sehr lange“, schlussfolgerte Melody lächelnd. „Junge Liebe ist etwas Wunderbares. Ich weiß noch, wie verliebt du in Tim warst, als ihr euch kennengelernt habt.“

„Melody!“, schnaufte meine Mutter peinlich berührt. „Jetzt hör endlich auf, über Tim zu sprechen.“

„Sie scheinen Esthers Exfreund ja ziemlich zu mögen“, bemerkte Eric gelassen. „Beruht das auf Gegenseitigkeit?“

Melody öffnete den Mund und wusste im ersten Moment anscheinend nicht, was sie darauf sagen sollte. „Ich bin … also … natürlich nicht“, stotterte sie dann. „Ich bin schließlich verheiratet.“

„Apropos verheiratet“, sagte Eric in diesem Moment mit seiner tiefen Stimme. „Da gibt es etwas, worüber Esther und ich mit euch sprechen wollen.“

 

Eric – 130

Esther verkrampfte sich neben mir und warf mir einen unruhigen Blick zu. Offenbar hatte sie nicht vorgehabt, mit der großen Neuigkeit vor ihrer nervigen Tante rauszuplatzen – aber ich hatte keinen Bock mehr, mir ihr Gelaber über dieses Arschloch Tim länger anzuhören.

„Okay. Und worüber genau wollt ihr mit uns sprechen?“, fragte Esthers Vater und legte sein Besteck zur Seite. Ihre Mutter hatte in der Zwischenzeit die Hand auf ihre Brust gelegt und blickte uns mit großen Augen an.

Ich drückte Esthers schlanke Finger und lächelte ihr aufmunternd zu, obwohl ich meine Pumpe auch gegen meinen Brustkorb knallen spürte. „Wir …“ Ich räusperte mich. „Nun, wir haben beschlossen, zu heiraten.“

Daraufhin herrschte einen Moment lang Stille. Die Tante mit der Dauerwelle verschluckte sich beinahe an ihrem Wein, während Esthers Mutter Tränen in die Augen stiegen und sie ruckartig von ihrem Platz aufstand. Ich war mir nicht sicher, ob sie jetzt heulend rausstürmen würde, doch stattdessen umrundete sie den Tisch und schloss Esther in ihre Arme.

„Ach Liebes, ich freue mich ja so für euch“, hörte ich sie flüstern und versuchte, mir meine Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Gleichzeitig bemühte ich mich, dem Blick von Esthers Vater auszuweichen, der nicht so aussah, als ob er die spontane Freude seiner Frau im selben Ausmaß teilte.

„Wow. Das sind große Neuigkeiten“, sagte die Tante, während der Hund wieder zu kläffen anfing.

Esthers Vater atmete tief ein. „Und wieso jetzt?“, fragte er dann und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „Euch ist schon klar, dass ihr wegen dieser Sache“, er blickte uns eindringlich an, „nicht unbedingt heiraten müsst.“

Esthers Mutter ließ ihre Tochter los und fuhr zu ihrem Mann herum. „Was soll das?“, fragte sie verärgert. „Hättest du gewollt, dass meine Eltern so etwas zu dir gesagt hätten, als du mir den Antrag gemacht hast?“

„Was ist denn das für eine Sache?“, mischte sich Melody interessiert ein.

„Können wir das bitte ein andermal besprechen?“, presste Esther hervor und blickte ihren Vater auffordernd an.

„Natürlich“, brummte er und fuhr sich ein wenig beschämt über das Gesicht.

„Nein“, hörte ich mich selbst sagen und sah Esther intensiv an. Ich hatte es satt, die Wahrheit unter den Teppich zu kehren, ich hatte es satt, so zu tun, als wäre es nicht der mit Abstand beste Moment meines Lebens gewesen, als sie meinen Antrag angenommen hatte.

„Ich möchte Ihre Tochter nicht heiraten, weil wir ein Baby bekommen“, erklärte ich deshalb und sah, wie Esthers Wangen einen Tick rosiger wurden. „Ich möchte sie auch nicht heiraten, um das Richtige zu tun“, stellte ich mit fester Stimme klar und betrachtete kurz ihre Mutter, die mich mit schimmernden Augen ansah. „Ich möchte sie deshalb heiraten, weil sie der einzige Mensch ist, neben dem ich den Rest meines Lebens aufwachen möchte.“ Ich sah Esther an, die eine Hand unbewusst auf ihren Bauch gelegt hatte. In ihrem wunderschönen Gesicht spiegelte sich eine Vielzahl von Gefühlen, doch das allerbeste davon war die Liebe, die ich in ihren einzigartigen Augen sehen konnte.

„Ich will dich heiraten, weil du mich zu einem besseren Menschen machst“, sagte ich und schluckte gegen den Kloß in meiner Kehle an. „Und weil sich dank dir meine Welt nicht einfach nur um mich selbst dreht.“

Esther lächelte unter Tränen. „Und das ist was Gutes?“

„Fuck, ja. Das ist was verdammt Gutes“, erwiderte ich rau und zog ihre Hand an meinen Mund, um ihre Fingerknöchel zu küssen. „Du bringst mir bei, über meinen Schatten zu springen. Dank dir ist Zoe wieder gesund.“

Esther schüttelte den Kopf, doch ich nickte nachdrücklich.

„Ohne dich hätte ich den verfluchten Mistkerl niemals bezahlt“, murmelte ich. „Du bist das Licht, nach dem ich mich mein ganzes Leben so verzweifelt gesehnt habe. Und ich werde einen Dreck tun und dich jemals wieder gehen lassen.“

Sie lachte, während ihr gleichzeitig die Tränen über die Wangen liefen. Und als sie sich dann vorbeugte, um mich zu küssen, wusste ich nicht, wie ich dieses Glück jemals verdient hatte.

 

Esther – 131

„Ich dachte mir gleich, dass du ein wenig zugenommen hast“, erklärte Tante Melody, als wir ein paar Minuten nach Erics bewegender Liebeserklärung zusammen im Wohnzimmer saßen. Meine Mutter hatte mir eine Tasse Tee gemacht und ich versuchte, ein Augenrollen in Richtung meiner Tante zu unterdrücken, als ich einen Schluck davon nahm. „Wann ist es denn soweit?“

„In ungefähr sechs Monaten“, erwiderte ich und hoffte, dass sie bald nach Hause gehen musste. Die subtilen Andeutungen meiner Mutter, dass es inzwischen schon ziemlich spät sei, hatte Tante Melody jedoch erfolgreich ignoriert.

„Und wann wollt ihr heiraten?“, fragte mein Vater und beugte sich auf seinem Armlehnstuhl ein Stück nach vorne. „Noch vor oder nach der Geburt des Babys?“

„Darüber … haben wir eigentlich noch gar nicht gesprochen“, murmelte ich und sah Eric hilfesuchend an. Bisher war ich davon ausgegangen, dass wir noch vor der Geburt heiraten würden, aber wir hatten uns nie über ein Datum unterhalten.

„Ich würde sagen, so schnell wie möglich“, antwortete Eric und legte auf dem Sofa den Arm um meine Schultern.

„Auf alle Fälle, du willst ja schließlich nicht als Kugel zum Altar rollen“, warf Tante Melody ein und fütterte ihren Hund mit einem Stück Lasagne, das sie in eine Serviette gewickelt hatte. „Wobei es nicht so leicht werden wird, derart kurzfristig noch einen guten Hochzeitsplaner zu bekommen.“

„Ich kann dir für Bo eine Schüssel geben“, sagte meine Mutter, der es sichtlich schwerfiel, nicht aufzuspringen und die Krümel wegzumachen, die der Pudel überall auf dem Teppich verteilte.

„Nicht nötig, sie frisst es auch so“, erwiderte Tante Melody leichthin und wischte ihre Finger ohne Hemmungen an dem Sofa ab.

„Ich glaube nicht, dass wir einen Hochzeitsplaner benötigen“, erklärte ich mit einem Blick zu Eric. „Oder willst du so etwas Großes?“

Er schüttelte nachdrücklich den Kopf. „Nein. Bloß kein Zirkus. Wir könnten am Strand feiern. Nur du und ich und …“

„Das heißt, ihr wollt euch gar nicht kirchlich trauen lassen?“, warf meine Mutter mit hörbarer Sorge ein.

„Keine Ahnung. Darüber haben wir noch nicht …“

„… gesprochen“, ergänzte mein Vater trocken. „Dann sollten wir jetzt darüber sprechen, findet ihr nicht?“

Ich wechselte einen raschen Blick mit Eric und erkannte, dass wir einen großen taktischen Fehler begangen hatten, indem wir diese Details nicht schon auf der Fahrt hierher geklärt hatten.

„Ich kenne einen ausgezeichneten Hochzeitsplaner“, warf Tante Melody ein. „Sein Name ist Sanchez und er richtet die wundervollsten Hochzeiten aus! Für meine Cousine Megan hat er einen wahren Traum in Flieder und hellem Rosa umgesetzt. Ich glaube, ich müsste noch Fotos auf dem Handy haben, einen Moment.“ Sie stand auf, um in die Diele zu gehen und ich warf Eric einen eindringlichen Blick zu. „Ich will keinen Traum aus Flieder und Rosa“, flüsterte ich.

„Sanchez ist wirklich sehr gut auf seinem Gebiet“, bemerkte meine Mutter in diesem Moment. „Er hat einen guten Geschmack und geht auf die Wünsche seiner Kunden ein.“

„Ich glaube nicht, dass ein Hochzeitsplaner unbedingt notwendig ist“, bemerkte Eric vorsichtig, als Tante Melody auch schon mit ihrem Telefon in der Hand zurückkehrte.

„Hier“, sagte sie und wedelte damit vor meiner Nase herum. „Das ist die Blumendekoration auf dem Weg in die Kirche. Sind die Gestecke nicht wunderschön?“

Ich blickte auf das Handydisplay und nickte automatisch. Es sah wirklich ganz hübsch aus, allerdings hatte ich mir meine Hochzeit irgendwie schlichter vorgestellt.

„Wie viele Leute möchtet ihr denn einladen?“, fragte mein Vater in diesem Moment.

„Keine Ahnung“, sagte ich. „Ich dachte nur an die engste Familie und Freunde.“

Tante Melody lächelte. „Wie schön. Ich werde Megan auf dem Heimweg gleich Bescheid geben, dass unsere kleine Esther heiratet.“

Ungläubig öffnete ich den Mund und schüttelte zugleich den Kopf, während ich nicht fassen konnte, wie schnell die Dinge außer Kontrolle gerieten.

 

Eric – 131

„Das ist nicht so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt habe“, murmelte Esther, als wir am Abend gemeinsam in ihrem Bett lagen. Ihre Mutter hatte diesmal darauf verzichtet, mir eine Matratze auf den Boden zu legen und ich strich ihr sanft über ihre glatten Haare, während ich daran dachte, wie wir das letzte Mal hier gelegen hatten. Damals hatten wir uns zum ersten Mal geliebt – und nun hielt ich meine Verlobte in den Armen, die bald auch die Mutter meines Kindes werden würde.

„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Esther und rollte sich zur Seite, um mich besser ansehen zu können.

„Natürlich“, murmelte ich und zog sie an mich. „Ich hab mich nur gerade an etwas erinnert.“

Sie schmunzelte und schmiegte ihren fantastischen Körper näher an meinen. „Ich glaube, ich weiß, woran du dich erinnert hast. Aber ich meine es ernst. Wir müssen diese Hochzeitsplaner-Geschichte irgendwie abblasen.“ Sie machte eine kurze Pause. „Papa hat dich doch morgen zum Golfen eingeladen. Was hältst du davon, wenn du da mit ihm über alles sprichst?“

Seufzend fuhr ich mir über das Gesicht. „Ich glaube nicht, dass es so ein guter Schachzug ist, wenn der Typ, der seine geliebte Tochter geschwängert hat, jetzt auch noch von ihm verlangt, die Erwartungen seiner Frau an die geplante Hochzeit runterzuschrauben.“

„Es geht doch um uns und nicht um sie“, widersprach Esther und streichelte dabei sanft über meine Brust. „Ich glaube, wir müssen hier als Paar Stärke zeigen. Sprich mit ihm, okay?“

„Ich versuch’s“, murmelte ich, um sie glücklich zu machen. Obwohl mir ein Gefühl schon jetzt sagte, dass das nicht so einfach werden würde.

***

„Und, hast du schon mal Golf gespielt?“, fragte Esthers Vater, während wir Seite an Seite über den penibel gepflegten Rasen marschierten. Die Sonne schien angenehm warm vom Himmel und der ganze Tag roch nach frisch gemähtem Gras.

„Ein oder zwei Mal“, erwiderte ich und versuchte, möglichst entspannt zu wirken, obwohl schon die Autofahrt hierher eine Qual gewesen war. Trotz der Tatsache, dass wir uns beide bemüht hatten, Small Talk zu betreiben, war das Gespräch immer wieder ins Stocken gekommen – und ich hoffte, dass der Tag auf dem Golfplatz schnell rumging.

„Okay“, sagte Esthers Vater ruhig und schwang seinen Schläger ein wenig vor und zurück. „Welchen Sport bevorzugst denn du, Eric?“

Die Frage traf mich unvorbereitet, denn ich hatte nie in dem Sinne Sport gemacht, wie andere Leute ihn machten. Ich ging auch nicht ins Fitnessstudio, um einen besseren Body zu bekommen. Tatsächlich hatte ich jede Art von Sport immer nur dafür genutzt, um den Kopf freizukriegen und weniger fühlen zu müssen.

„Ich gehe regelmäßig laufen“, sagte ich rasch, da mich Esthers Vater schon ein wenig seltsam ansah. „Oder schwimmen. Und ich boxe.“

Er nickte bedächtig. „Davon habe ich in der Zeitung gelesen. Allerdings nicht nur gegen den Sandsack, richtig?“ Als ich nicht sofort antwortete, wandte er sich mir mit ernstem Gesicht zu. „Du sollst mal einen Obdachlosen verprügelt haben.“

„Weil dieser Scheißkerl ein Mädchen angespuckt hat“, presste ich hervor und sah mich auf dem Golfplatz um. Wenigstens waren wir allein, sodass niemand das Gespräch mitanhören konnte, das von Minute zu Minute unangenehmer wurde.

Esthers Vater betrachtete mich ernst. „Das mit dem Obdachlosen war aber nicht das Einzige, was ich gelesen habe“, fuhr er fort. „Da stand auch was von Drogen. Und verdammt vielen Frauen.“

Ich atmete tief aus. „Ja“, sagte ich dann schlicht.

Er hob eine Augenbraue. „Du streitest es nicht ab?“

„Nein. Es ist die Wahrheit. Ich habe mir in meinem Leben schon mehr Scheiße reingezogen, als ich zählen kann und es gab Wochen, da war ich keinen Tag lang nüchtern.“ Ich blieb stehen und sah ihn eindringlich an. „Aber das gehört der Vergangenheit an. Wegen Ihrer Tochter gehört es der Vergangenheit an.“

 

Esther – 132 

„Tut mir leid wegen Melody.“ Meine Mutter seufzte. „Ich konnte sie einfach nicht abwimmeln.“

„Schon gut“, sagte ich und sah mich in dem Babymodengeschäft um, in das sie mich geschleppt hatte. Überall hingen winzige Strampelanzüge und Babysöckchen, Babylätzchen und Babymützchen. Die vorrangigen Farben waren weiß, gelb, pastellblau sowie pastellrosa – und ich fühlte mich irgendwie total fehl am Platz zwischen all den winzigen Kleidungsstücken, die mit entzückenden Motiven bedruckt waren. Ungläubig nahm ich einen Body zur Hand, der aussah, als ob er für eine Puppe gemacht worden wäre. Die Vorstellung, dass ich dieses Stückchen Baumwolle in einem halben Jahr einem echten Baby – meinem Baby – anziehen könnte, war absolut surreal.

„Alles okay?“, fragte meine Mutter und strich mir sanft über den Arm. „Du siehst ein wenig …“

„Was?“, fragte ich. „Überfordert aus?“

„Ein wenig überwältigt aus“, korrigierte sie mich sanft. „Ist dir das hier zu viel?“

Ich hängte den Body zurück und schüttelte den Kopf. „Nein. Doch. Also nicht so, wie du denkst. Ich finde es irgendwie schön. Und gleichzeitig …“ Ich holte tief Luft.

„Gleichzeitig hast du Angst.“

Ihre Worte brachten die Erinnerung an den Abend im Krankenhaus zurück, als ich gedacht hatte, das kleine Würmchen zu verlieren. Und obwohl mein erstes Trimester nun um war und die gefährlichste Zeit somit hinter mir lag, schrak ich manchmal noch immer schweißnass aus einem Traum hoch, in dem der Abend anders ausgegangen war.

„Tut mir leid, ich bin einfach noch ein bisschen durch den Wind.“

Meine Mutter strich mir liebevoll eine Haarsträhne zurück und griff dann nach meiner Hand. „Das muss dir doch nicht leidtun, Schatz. Das letzte Jahr war ganz gewiss nicht einfach. Der Umzug in die neue Stadt, das Studium, dein Unfall, Erics Berühmtheit – und jetzt noch ein Baby.“ Sie lächelte mich warmherzig an. „Ich hab nicht mal die Hälfte davon erlebt und war ein einziges Nervenbündel, als ich mit dir schwanger war.“

„Das kann ich mir irgendwie gar nicht vorstellen.“

Meine Mutter lachte und schlenderte mit mir weiter zu der Ecke mit der Umstandsmode. „Dein Vater kann noch heute ein Lied davon singen. Ich hatte furchtbare Angst davor, irgendetwas falsch zu machen. Wahrscheinlich lag das an meiner Großtante, die mir schon vor der Geburt eine Predigt darüber gehalten hat, dass ich mich niemals hinter die Wiege stellen dürfte, weil sonst deine Augen stecken bleiben könnten, wenn du mich ansiehst. Und dass ich immer dein Köpfchen halten müsste, weil du dir sonst den Hals brechen würdest.“

„Das hat sicher Spaß gemacht“, bemerkte ich trocken.

„Und wie“ murmelte meine Mutter augenrollend. „Kurz vor der Geburt versorgte mich dann eine entfernte Cousine auch noch mit der anschaulichen Geschichte über die 36-stündige Geburt des Sohnes ihrer besten Freundin, bei der sie sich das Steißbein gebrochen hat.“

„Die Cousine oder die beste Freundin?“, fragte ich schmunzelnd.

Mama lachte. „Wahrscheinlich alle beide. Meine Cousine sicher aus Solidarität.“

Ich nahm ein hellgrünes Wickelkleid zur Hand, das aus einem weichen, anschmiegsamen Material gefertigt war. „Wirklich schade, dass ich keine Mütter in meinem Freundeskreis habe, die mich an ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz teilhaben lassen können.“

„Ach, die kommen schon noch. Je dicker dein Bauch wird, desto schwerer wird es, solchen Gesprächen auszuweichen.“ Meine Mutter kniff die Augen zusammen. „Geh am besten davon aus, dass es in Wirklichkeit maximal halb so schlimm war, wie es dir geschildert wird. Die Leute übertreiben bei solchen Dingen schrecklich gern.“

Lächelnd hängte ich das Kleid zurück. „Ich werde es versuchen.“

„Gut.“ Meine Mutter betrachtete das hellgrüne Kleid an dem Ständer. „Lass mich dir das kaufen. Die Farbe passt so schön zu deinen Augen.“

Unschlüssig strich ich über den Stoff. „Ist es dafür nicht noch ein bisschen zu früh?“

„Na und?“, fragte Mama. Sie begann zu lächeln. „Aber wir können natürlich mit der Umstandsmode auch noch warten und uns erst um dein Hochzeitskleid kümmern.“

Seufzend atmete ich ein. „Papa scheint von der Hochzeit nicht so begeistert zu sein.“

Sie schüttelte den Kopf. „Dein Vater muss sich erst an den Gedanken gewöhnen, nicht mehr der wichtigste Mann in deinem Leben zu sein. Gib ihm ein wenig Zeit.“ Ihr Handy kündigte den Eingang einer SMS an und sie zog es aus ihrer Handtasche. „Oh, das ist er“, murmelte sie dann.

„Was ist los?“, fragte ich alarmiert. „Meinst du, er und Eric hatten Streit? Hat er das Golfen abgebrochen?“

Meine Mutter zog die Augenbrauen zusammen, während sie die Textnachricht las. Dann begann sie langsam zu lächeln.

„Im Gegenteil“, erwiderte sie zufrieden. „Dein Vater schreibt, er hat Eric auf den Zahn gefühlt.“

„Und das ist was Gutes?“, fragte ich zweifelnd.

Sie seufzte glücklich. „Offenbar hat ihn dein zukünftiger Mann von sich überzeugt. Denn hier steht schwarz auf weiß, er gibt euch beiden seinen Segen.“

 

Ihr Lieben,
das war es vorläufig mit unserem Blogroman. Allerdings wartet diesen Sommer noch ganz viel Lesestoff auf euch! Zum einen erscheint bereits am 30. Juli das eBook von „Ein Augenblick für immer – Das erste Buch der Lügenwahrheit“ – und zum anderen haben wir heute den dritten Teil unserer Trilogie „13 – Die Bücher der Zeit“ veröffentlicht!

Darin könnt ihr mit Lizzy und ihrer Schwester Alexa nach Kirchbruch reisen. Für alle, die Lust haben, hängen wir euch einen Leseschnipsel aus dem 3. Band an. Aber Vorsicht – wer absolut nichts über den Verlauf der Handlung erfahren möchte, sollte den Schnipsel lieber nicht lesen, obwohl er keine groben Spoiler enthält. Allen anderen wünschen wir viel Spaß mit der Szene.
Wir verabschieden uns jetzt endgültig und lassen auch unsere E-Mails in den nächsten Wochen ruhen. Allerdings werden wir das eine oder andere Urlaubsfoto auf Instagram posten 🙂

Alles Liebe und macht es gut!
Eure Ulli & Carmen

 

Textschnipsel aus „13 – Das dritte Buch der Zeit“:

„Oh. Ich bin anscheinend nicht die Einzige, die nach Hause gebracht wird“, meinte ich leise, als ich am frühen Abend vom Motorrad abstieg. Rouven hatte darauf bestanden, mich zur Haustür zu bringen, und ich lächelte, als ich im Schatten des Hauses Alexa und Dennis ausmachen konnte, die wild miteinander knutschten.

„Hey, ihr zwei. Ihr seid nicht allein“, sagte ich mit Grabesstimme und verspürte etwas Genugtuung, als die beiden rechts neben dem Eingang zusammenzuckten.

„Oh, Lizzy. Ich habe dich gar nicht bemerkt.“ Alexa strich sich schnell die Haare glatt und Dennis grinste übers ganze Gesicht, als er von meiner Schwester abließ.

„Dann musst du ja ziemlich versunken gewesen sein. Hast du das Motorrad denn nicht gehört?“, wollte ich wissen.

Alexa schüttelte den Kopf und richtete sich ihre Bluse. „Die Maschine ist offenbar sehr leise.“

„Oder ihr seid offenbar sehr laut“, entgegnete ich.

„Wir waren eben etwas abgelenkt“, meinte Dennis und nickte Rouven zu. „Hallo.“

„Hey“, erwiderte er.

Für einen Moment sagte keiner etwas und ich drehte mich schnell zu Rouven um, um die Situation nicht noch peinlicher werden zu lassen.

„Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast“, meinte ich so leise, dass Alexa und Dennis hoffentlich nichts davon mitbekamen.

Rouven lächelte absolut hinreißend. „Du musst dich nicht bedanken, immerhin habe ich darauf bestanden.“

„Ich sollte jetzt lieber reingehen. Bevor ich noch Ärger mit Dieter bekomme.“

„Ja, das solltest du.“

„Also dann …“

„Also dann …“, wiederholte er und machte einen Schritt auf mich zu, sodass wir nur noch eine Handbreit voneinander entfernt standen.

Ich zögerte, denn ich wusste nicht, wie ich mich von ihm verabschieden sollte. Alles in mir wollte Rouven noch einmal küssen, wollte noch einmal seine Lippen auf meinen fühlen, aber ein Teil von mir wollte das nicht unbedingt vor Dennis und Alexa tun. Dem anderen Teil war es egal, dass die beiden uns zusahen.

Rouven schien meine Unsicherheit zu genießen, denn ein leichtes Lächeln umspielte seinen Mund. Doch noch bevor ich irgendwie reagieren konnte, öffnete sich die Haustür.

„Was soll das bitte schön werden?“, fragte Dieter verärgert. Sowohl Dennis und Alexa als auch Rouven und ich stoben automatisch auseinander. „Was versteht ihr denn nicht an der Regel Keine Jungs?“, brummte er weiter. Mit seinem karierten Hemd und dem finsteren Ausdruck im Gesicht sah Dieter noch grimmiger aus als sonst.

„Ich habe Lizzy nach Hause gebracht“, erklärte Rouven. Obwohl er nach außen hin recht gelassen wirkte, merkte ich doch einen Hauch Nervosität in seiner Stimme.

„Ich wollte auch nur sichergehen, dass Alexa gut nach Hause kommt“, schloss sich Dennis gleich an.

Dieter schnaubte und blickte wütend zu Rouven und Dennis. „Habe ich etwa mit euch geredet?“, blaffte er unfreundlich.

„Sie haben uns wirklich nur nach Hause gebracht“, sagte Alexa schnell, obwohl das bei ihr offensichtlich eine Lüge war.

Dieter verschränkte grunzend die Arme vor der Brust. „Du glaubst wohl noch immer, dass ich von gestern bin, junges Fräulein, oder? Dann erklär mir mal, warum der Kerl Lippenstift trägt?“ Mit dem Kinn deutete er abfällig auf Dennis, der sich sofort über den Mund wischte. „Tragen das die Typen von heute etwa?“

„Manche schon“, meinte Alexa keck und erntete dafür einen bösen Blick von Dieter, der offenbar nicht zu Scherzen aufgelegt war.

„Solange ihr in meinem Haus wohnt, gibt es Regeln. Regeln, die ich nicht zum Spaß aufstelle“, erklärte Dieter weiter und ich betete innerlich, dass er jetzt vor den Jungs nicht mit dem Thema Schwangerschaft ankam. Dieter atmete tief ein und fixierte Dennis. „Du bist also der Kerl, mit dem sich Alexa jetzt die ganze Zeit trifft. Wie sind deine Absichten?“

Dennis wirkte für einen Moment überrascht, hob dann aber beschwichtigend die Hände. „Meine Absichten sind gut, wirklich nur gut. Ich mag Ihre … Also ich mag Alexa wirklich gern.“ Er blickte zu Boden und ich sah, wie Alexa leicht errötete.

„Wie ist dein Nachname?“

„Wolf“, antwortete Dennis sofort, der offenbar beschlossen hatte, sich Dieters Inquisition tapfer zu stellen.

Dieter nickte nachdenklich. „Ich kenne deinen Großvater.“

„Das ist doch schön“, meinte Dennis vorsichtig.

„Ich konnte den Kerl noch nie leiden. Bist du wie er?“ Dieter musterte Dennis von oben bis unten.

„Wie … Also wie meinen Sie das?“

„Der alte Wolf wollte mich früher beim Kartenspielen immer übers Ohr hauen. Bist du auch so ein Schlitzohr?“

Dennis schüttelte den Kopf. „Nein, natürlich nicht. Ich spiele nicht einmal Karten. Ich spiele nur in einer Band.“

„Aha“, knurrte Dieter und legte seinen Kopf schief. Ich hatte den Eindruck, dass er nur auf so eine Aussage gewartet hatte. „In einer Band, soso. Nimmst du Drogen? Ein bisschen Hasch oder ein bisschen Ecstasy vielleicht, damit es beim Gig so richtig gut läuft? Manchmal auch eine Nase Kokain, um die Vibrations so richtig zu spüren?“

Ich war überrascht, dass Dieter solche Worte kannte, und musste mich beherrschen, ernst zu bleiben. Von der Seite sah ich, wie Rouven leicht schmunzelte.

„Was gibt’s da zu lachen?“, fuhr Dieter ihn an. „Nimmst du etwa das verdammte Zeug?“

„Natürlich nicht“, entgegnete Rouven sofort.

„Deinen Großvater mochte ich auch nicht, also pass auf“, murrte Dieter und für einen Augenblick sagte keiner etwas.

„Ich nehme auch keine Drogen“, bemerkte Dennis dann vorsichtig. „Nur um das klarzustellen. Kein Hasch, kein Ecstasy und auch kein Kokain.“

Dieter kratzte sich an seinem Bart. „Das will ich auch hoffen. Diese beiden Damen hier haben es nämlich verdient, dass man sie gut behandelt. Und damit meine ich sehr gut. Habt ihr das verstanden?“

Dennis und Rouven nickten. „Natürlich“, sagten beide gleichzeitig.

„Ich habe unten im Keller eine alte Flinte. Sie ist nicht das neueste Modell, aber sie tut das, was sie tun soll.“ Dieter betrachtete die Jungs intensiv. „Denkt immer daran, am besten jeden Tag vor und nach dem Einschlafen. Ich bin vielleicht ein alter Mann, aber ich weiß noch immer, wie man schießt. Solltet ihr den Mädels also den geringsten Kummer bereiten, scheue ich mich nicht davor, in den Keller zu gehen und die Flinte zu benutzen. Verstanden?“

Rouven und Dennis nickten nur und ich fand Dieter irgendwie süß, auch wenn ich mir nicht vorstellen konnte, dass er seine Drohung wirklich wahr machen würde.

„Und jetzt macht euch gefälligst nützlich“, brummte er. „Ich hab hinten im Garten noch etwas Holz, das gehackt werden muss.“

 

8 thoughts on “Großer Sommerblock: Eric & Esther machen Ferien!

  1. Endlich scheint sich für Eric und Esther alles gut zu entwickeln!
    Ich freue mich schon jetzt auf die Fortsetzungen im September.

    Bis dahin wünsche ich Euch einen tollen erholsamen Sommerurlaub.

  2. Ihr seid einfach die Besten! Genießt euren Sommer mit euren Familien, schöpft Kraft und Energie für viele weitere tolle Bücher und Esther und Eric. Danke

  3. Schöööön ❤

    Ich liebe eure Bücher!
    Die Buchreihe Acht Sinne hat mir ein wahnsinniges Gefühlschaos beschwert. Unbeschreiblich phänomenal!

    Ihr seid meine absoluten Lieblings-Autoren!

    Danke für eure Leidenschaft und die Bereicherung meines Lebens ?

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