Eric – 116

Eric – 116

„Dein Vater ist ein Arschloch“, sagte ich, auch wenn sie es nicht hören wollte.

„Also kommst du nach ihm?“, fragte Zoe und ich schnaubte, da der Göre wohl immer etwas einfiel.

„Genau. Das Arschlochsein kommt von ihm. Du solltest dich also von ihm fernhalten.“

Zoe schüttelte den Kopf. „Weißt du was, Eric? Ich habe es satt, von allen Leuten gesagt zu bekommen, was ich zu tun habe. Von den Ärzten, von Ma … und jetzt auch noch von dir.“

„Dann solltest du vielleicht nicht bei mir aufkreuzen“, knurrte ich.

„Stimmt. Es war eine beschissene Idee.“ Sie schnappte sich ihren Rucksack und machte Anstalten davonzulaufen. Ein Teil von mir wollte sie gehen lassen, ein Teil von mir war froh, wenn sie abhaute, aber da war auch noch dieser beschissene andere Teil, der ihren Arm festhielt.

„Und wo willst du jetzt hin?“

„Keine Ahnung. Einfach weg von dir, weg von allem – es wäre besser, wenn ich schon tot wäre.“

„Und du glaubst wirklich, dass das besser wäre?“

Sie starrte mich an. „Ich kann es ja mal ausprobieren“, sagte sie schulterzuckend.

Ich zog tief die Luft ein und wollte diese Scheißverantwortung nicht spüren, ich konnte sie einfach nicht gehen lassen.

„Ich hab schon gesagt, dass ich das nicht zulassen werde. Bleib hier.“

Sie verzog ihr Gesicht. „Und was, wenn ich nicht will?“

„Dann wärst du nicht hier. Dann wärst du erst gar nicht hier aufgetaucht.“

In dem Moment klopfte es an der Tür und ich war unglaublich erleichtert, als Esther wenig später vor mir stand. Sie hatte einen Draht zu Zoe und ich wünschte mir einfach nur, dass sie übernahm, dass sie diese ganze Situation auflöste.

„Hey, schön dich zu sehen“, sagte Esther, lächelte mich an und schloss Zoe in eine herzliche Umarmung. Es sah fast so aus, als würde Zoe ebenfalls lächeln, auch wenn sie versuchte, es unter ihrem Haarvorhang zu verbergen.

„Ich hatte gehofft, dass du da bist.“

Zoe runzelte die Stirn. „Wie? Du hast gehofft, dass ich bei Eric bin?“

Esther nickte. „Natürlich.“

Zoe wirkte, als witterte sie eine Falle, aber Esther schaffte es, dass sie sich zumindest ein klein wenig entspannte.

„Ich sollte vielleicht doch lieber gehen“, meinte Zoe und blickte kurz zu mir, als wäre ich der Teufel höchstpersönlich.

„Hattet ihr Streit?“, fragte Esther geradeheraus. Die nächsten Sekunden sagte keiner was und Esther blickte von mir zu Zoe und wieder zurück. „Also hattet ihr Streit“, schlussfolgerte sie und obwohl ich nicht auf so eine Therapeutenscheiße stand, schaffte sie es auch bei mir, dass ich es ihr nicht übelnahm.

„Eric und ich bekommen ein Baby“, sagte sie dann, und fuck, es so aus ihrem Mund zu hören, noch dazu vor Zoe, fühlte sich an, als wäre ich vom LKW überfahren worden.

Zoe wirkte nicht weniger überrascht und drehte sich zu mir. „Du wirst Vater?“

„Sieht so aus.“

„Und ihr wollt …“

„Ja, wir wollen das Kind“, sagte ich, auch wenn meine Pumpe wie verrückt ging. „Warum erzählst du ihr das?“, presste ich dann zwischen den Zähnen hervor.

„Weil ihr zwei etwas Ehrlichkeit gebrauchen könnt“, sagte Esther und wandte sich Zoe zu. „Du wirst also Tante.“

Verdammt, ich wusste nicht wie sie es machte, aber plötzlich schien die ganze Sterbensscheiße aus Zoes Gesicht wie weggeblasen zu sein und ihre Augen begannen zu funkeln, fast als würde sie sich tatsächlich freuen.

„Benennt ihr es nach mir?“, fragte sie frech, und ich war beruhigt, denn diese rotzfreche Göre war mir tausend Mal lieber als ihre Suizid-Version.

„Über den Namen haben wir uns noch keine Gedanken gemacht“, meinte Esther.

„Aber Zoe wird es ganz bestimmt nicht“, bemerkte ich trocken und glaube, ein Grinsen in ihrem Gesicht zu sehen.

Esther lächelte Zoe an. „Ich habe gerade einen Mordshunger und total Lust auf Eis. Was haltet ihr davon, wenn wir über die Namen beim Essen sprechen? Bist du dabei, Zoe?“

3 thoughts on “Eric – 116

  1. Ich wollte schon immer genau diese Art Mensch sein, in dessen Nähe man sich wohl fühlen kann. Ich bin froh, dass sie es ist…

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