Eric – 149

Eric – 149

„Okay, Leute. Das ist eure letzte Chance.“ Simon setzte ein ernstes Gesicht auf, während er in dem langweiligen Meetingraum vor uns auf und ab lief. Vor lauter Anspannung hatte er sich einen Kugelschreiber genommen, den er immer wieder an und ausklickte. Wenn er so weiter machte, würde ich ihm das verdammte Teil wegnehmen und aus dem Fenster werfen.

„Hey. Wir sind alle da, oder nicht?“ Cliff lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und setzte ein beruhigendes Lächeln auf.

Simon fuhr sich unruhig mit der freien Hand durch seine blonden Locken. Meiner Meinung nach hätte der Idiot einen Haarschnitt vertragen.

„Ja. Ihr seid hier. Und ich hoffe, ihr nehmt die Sache auch ernst. Ich hab vorhin mit dem Trainer telefoniert, er hat in der Branche einen Spitzenruf. Einige seiner Methoden werden euch allerdings vielleicht … seltsam erscheinen. Trotzdem will ich, dass ihr euch zusammenreißt und mitmacht. Das Teambuilding ist keine nette Freizeitveranstaltung.“

„Glaub mir, zumindest das haben wir alle kapiert“, murrte Noah, der die Arme vor der Brust verschränkt hatte.

„Und es ist auch keine Option, dass einer von euch vorzeitig abhaut“, fuhr Simon unbeirrt fort. „Sonst …“

„Sonst was?“, fiel ich ihm ins Wort. „Spießt du uns sonst mit deinem lächerlichen Kugelschreiber auf? Oder bindest uns an den Stühlen fest?“

„Genau, Eric.“ Simon schnaubte verärgert. „Sonst mache ich eines dieser beiden Dinge. Als dritte Alternative könnte ich euch noch von einer Kuh draußen anpinkeln lassen.“

Bei seinen Worten zuckte mein Mundwinkel nach oben. Simon musste echt angepisst sein, wenn er so einen Konter gab. Was bei der Fresse, die Aron zog, aber auch kein Wunder war. Schon die ganze Herfahrt hatte er eisern geschwiegen, wobei ich ihm zugute halten musste, dass er zumindest aufgekreuzt war. Ich brauchte dieses beschissene Wochenende hier genauso wenig. Tatsächlich hatte ich lange mit mir gerungen, ob ich mir den Scheiß wirklich antun sollte. Wenn Esther und Chris nicht auf mich eingeredet hätten, wie auf ein krankes Pferd, wäre ich vielleicht nicht mal hier.

Seufzend glitt mein Blick aus dem Fenster. Simon hatte uns in die totale Einöde gekarrt. Hier gab es nur dieses verdammte Hotel, Felder, Wiesen und Kühe. Unmengen an Kühen.

Zumindest hatte Esther eine schöne Zeit. Flo und Zoe hatten sie als Alternative zu einem alkoholgeschwängerten Junggesellinnen-Abschied zu einem Wellness-Wochenende eingeladen, wo sie sich jetzt wahrscheinlich rund um die Uhr Gurkenmasken ins Gesicht pappten und von kleinen Asiatinnen massieren ließen.

„Eric? Sag mal, hörst du mir überhaupt zu?“ Simon starrte mich entnervt an.

Gelangweilt wandte ich ihm meinen Blick zu. „Ehrlich gesagt nicht. War es denn wichtig?“

„Du kannst davon ausgehen, dass alles, was ich sage, wichtig ist.“

Bei seinen Worten musste nicht nur ich grinsen.

„Hey. Er heiratet bald. Wahrscheinlich war Eric in Gedanken bei der Hochzeit“, mischte sich Cliff beruhigend ein. „Stimmt’s, Mann?“

Ich blickte zu unserem Gruppen-Zen-Meister-Guru. Bei der unausgesprochenen Bitte in Cliffs Augen nickte ich schließlich.

„Klar. Der Hochzeitsplaner hat letzte Woche die Einladungen rausgeschickt. Ihr müsstet bald eine kriegen.“

„Du lädst uns zu deiner Hochzeit ein?“ Aron sah mich herausfordernd an.

Interessant. Der Arsch konnte also noch sprechen.

„War nicht meine Idee“, erwiderte ich kühl.

„Na toll. Da fühlt man sich ja gleich willkommen.“

„Wo ist denn die Hochzeit?“, fragte Cliff rasch.

Ich atmete tief ein. „In einer umgebauten Scheune. Sieht besser aus als es klingt. Und es gibt jede Menge Alkohol.“

„Wenigstens was“, murmelte Noah, als die Tür aufschwang und ein dicker Typ mit kurzrasierten Haaren und einem unangenehmen Elan den Raum betrat.

„Hey, Leute. Sieht ja aus, als ob es hier eine Menge zu tun gäbe“, begrüßte er uns mit einem breiten Grinsen. „Bereit, die Liebe in euer Herz zu lassen?“

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