Eric – 150

Eric – 150

Der Club war laut, voll und von oben bis unten durchgestylt. Knallbunte LED-Lichter an den schiefergrauen Wänden pulsierten im Rhythmus der Musik und im VIP-Bereich des FEARS saßen irgendwelche neureichen Typen an goldenen Tischen und wedelten mit ihrer Kohle, um einen Stich zu landen.

Genervt ließ ich meinen Blick über die aufgedonnerten Tussen auf der glänzenden Couchlandschaft gleiten und zog mich dann mit meinem Drink in einen der Korridore zurück, deren Leuchtmarkierungen offenbar dafür gedacht waren, bei den Gästen einen epileptischen Anfall herauszukitzeln.

Ich hasste diese angesagten Clubs.

Vor ein paar Jahren hätte ich die Location wahrscheinlich noch interessant gefunden, aber mit der Zeit verlor diese oberflächliche Glitzerscheiße einfach ihren Reiz.

Hey. Wie geht’s dir?, textete ich Esther und drückte auf Senden.

Ich wusste, dass ich eigentlich keine Zeit dafür hatte. Unser Auftritt stand kurz bevor und die Jungs hatten sich in den Backstage-Bereich zurückgezogen, um sich auf den Gig einzustimmen.

Mir war klar, dass ich bei ihnen hätte sein sollen, aber das letzte Telefonat mit Esther lag mir noch im Magen. Wir hatten uns unter der Woche kaum gesehen, weil ich zwischen Anwaltsterminen, Bandmeetings und der Anprobe beim Schneider hin und her gehetzt war. Dazu kamen noch die Vorbereitungen für den Umzug und die anstehende Hochzeit. Der verdammte Planer drehte inzwischen total am Rad und durch das Gespräch mit Esther fühlte ich mich gerade nicht viel besser.

Mir geht’s gut. Alles wieder ruhig, schrieb sie zurück.

Langsam atmete ich aus.

Das war gut. Trotzdem spürte ich die Unruhe in jeder Faser meines Körpers. Als wir vorhin telefoniert hatten, hatte sie was von Vorwehen erzählt, bei der sich mir die Nackenhaare aufstellten.

Verdammt, wenn das Baby sich entschied, ein paar Wochen zu früh zu kommen, wäre ich nicht da.

Eine junge Frau in einem dunkelblauen Kleid tauchte am Ende des Korridors auf und schaute mich irritiert an.

Gedankenverloren erwiderte ich ihren Blick.

Wenn das Baby jetzt kam, würde ich mir das nie verzeihen.

Vielleicht war es falsch gewesen, den verdammten Gig anzunehmen und tausende von Kilometer zwischen uns zu bringen.

Mit einer unwilligen Bewegung steckte ich das Handy weg, ignorierte das Herzklopfen und marschierte zurück in den Backstagebereich.

Ich musste nur den Auftritt durchziehen, dann konnte ich mich in den nächsten Flieger setzen und zu ihr zurückkehren.

Aron lehnte an der Wand vor der geschlossenen Tür zur Künstlergarderobe und zog sich etwas rein, das wie ein Joint aussah.

„Musst du dich jetzt schon zudröhnen?“, fuckte ich ihn an.

„Kümmere dich um deinen eigenen Scheiß.“ Seine Stimme klang schleppend.

„Glaub mir, die Band zählt zu meinem eigenen Scheiß.“

Aron lachte laut auf und nahm noch einen Zug. „Bullshit.“

Angepisst blieb ich stehen. Die Gedanken waberten wie ein beschissener blutroter Nebel durch mein Hirn. Ich wollte dem Typen einfach nur wehtun.

„Was ist eigentlich dein Problem?“

Aron zog arrogant eine Augenbraue hoch. „Du bist mein Problem, Eric.“

Ich machte einen Schritt auf ihn zu. „Das hab ich inzwischen kapiert. Aber woran liegt das? Bist du eifersüchtig? Fuckt es dich an, dass die Weiber mir mehr BHs auf die Bühne werfen, als dir?“

Aron presste die Lippen aufeinander. Seine Hasch-Gleichgültigkeit zog gerade Leine, das konnte ich ihm ansehen.

„Es ist mir scheißegal, wie viele Weiber mir ihre BHs auf die Bühne werfen“, fauchte er. „Aber es ist mir nicht egal, wenn du die Band zerstörst.“

„Ich zerstöre die Band?“ Einen Moment lang wusste ich nicht, ob ich ihm direkt in die Fresse hauen oder mich einfach umdrehen und gehen sollte. „Ich hab die verfickte Band aufgebaut, Aron.“

„Und jetzt lässt du sie fallen“, stieß er wütend hervor.

„Du bist zugedröhnt und kannst nicht klar denken.“

„Ich kann ausgezeichnet denken“, schrie Aron, schmiss den Joint auf den Boden und trat ihn aus. „Du bist ein egozentrisches Arschloch, Eric, das warst du schon immer. Aber zumindest stand die Band an erster Stelle. Und das tut sie nicht mehr.“

Ich blickte Aron wütend an. Jede Menge Antworten lagen mir auf der Zunge, angefangen damit, wie sehr ich ihn dafür verabscheute, dass er mit Flo gevögelt und Chris’ Hochzeit versaut hatte, bis zu der Empfehlung, wohin er sich den beschissenen Joint stecken konnte.

Stattdessen atmete ich tief durch. „Du hast recht“, sagte ich schließlich. „Das tut sie tatsächlich nicht mehr.“

8 thoughts on “Eric – 150

        1. Das glaube ich nicht, weil hier ja die Rede war ob die Band noch an Erics erster Stelle steht…und im Moment haben eben bei ihm Esther und die Schwangerschaft und die Hochzeit Vorrang was ja auch irgendwie verständlich ist?…

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