Eric – 58

Eric – 58

Der Arsch arbeitet noch immer in dem Café. Ich hatte ihn schon fast vergessen gehabt, aber als ich nun seine Kackfresse direkt vor mir sah, war alles wieder da. Dieser beschissene Moment, als ich ihn nach Esther gefragt hatte – damals, noch vor dem Unfall – und in dem er mir in die Augen gesehen und erklärt hatte, dass Esther zu ihrem Freund nach Paris gezogen war. Ich spürte noch immer dieses bodenlose Loch, in das ich damals gefallen war. Und jetzt dieses Bedürfnis, ihm einfach in die Fresse zu schlagen.

„Eric?“ Esthers Stimme brach wie ein Lichtstrahl durch die ganze Dunkelheit, ich spürte, wie sich meine Fäuste lockerten und atmete durch. Dann wandte ich den Blick von dem Arschloch ab und sah sie an.

Sie war wunderschön.

Auf ihrem Gesicht lag ein Ausdruck von Verwirrung aber zugleich auch Stärke, sie wollte nicht, dass ich hier eine Szene machte, und klar, das hier war ihr Arbeitsplatz. 

„Wie lange geht deine Schicht noch?“, fragte ich kontrolliert und vermied es, dem Dreckskerl ins Gesicht zu sehen, der mich angelogen hatte, wahrscheinlich, weil er sie für sich haben wollte.

„Ich bin in zehn Minuten fertig“, gab sie zurück und ich nickte knapp. Ich wollte raus hier, wollte schnell weg, bevor ich irgendeinen Blödsinn machte, aber ich wollte dem Arschloch auch nicht das Gefühl geben, dass er damit davonkam.

Mit einem tiefen Atemzug versuchte ich mich zu beruhigen. Esther kümmerte sich rasch um die Bestellung der jungen Frau und an ihren Blicken sah ich, dass sie meiner erzwungenen Ruhe nicht traute. Die Tussi am Tresen sah währenddessen auch immer wieder auffällig zu mir rüber, was mich nervte, alles nervte mich, vor allem aber nervte mich, dass der Arsch ungeschoren davonkommen sollte.

Er räumte weiter die Tische ab, ging seinem elendigen Job nach und tat so, als ob nichts gewesen wäre. Als ob es keine große Sache gewesen wäre, mir zu verklickern, dass Esther nach Paris abgeflogen war, obwohl sie in Wirklichkeit nur ein paar Straßen weiter im Bahnhof auf den verdammten Zug gewartet hatte.

Automatisch biss ich die Zähne zusammen und verzog mich in eine Ecke. Dabei achtete ich darauf, so viel Abstand wie möglich zwischen mich und den Dreckskerl zu bringen.

Um mich von ihm abzulenken, beobachtete ich Esther. Sie hatte eine natürliche Anmut in allem, was sie tat, die ich noch an keinem Menschen zuvor bemerkt hatte. Verdammt, sie war es wert, dass man Lieder über sie schrieb, und kaum hatte ich das gedacht, spukte mir eine Textzeile durch den Kopf, zusammen mit einer Melodie. Es war ein flüchtiger Moment und ich zog mein Handy aus der Jeans und drückte den Aufnahmeknopf für ein Sprachmemo. Rasch summte ich die Melodie in das Gerät und tippte die Zeile ein. Noch während ich das tat, hatte ich eine Idee für den Refrain und die nächsten Minuten beschäftigte ich mich ganz mit dem neuen Song.

Ich war gerade fertig geworden, als mich der Duft ihres Parfums traf und Esther neben mir auftauchte. Selbst nach einem ganzen Tag in diesem Café schaffte sie es irgendwie noch, so zu riechen, als ob sie gerade aus der Dusche gekommen wäre. Ein verdammtes Phänomen.

„Hey“, murmelte sie und schmiegte sich an mich, als wüsste sie, dass ich das jetzt brauchte. Ich brauchte es, ihren fantastischen Körper ganz nah an meinem zu fühlen, um mich davon abzulenken, dass ich mir wie ein verdammter Waschlappen vorkam, der einfach nur dastand und sich von einem Loser verarschen ließ.

Ich presste meinen Mund hart auf ihren und merkte an ihrer atemlosen Reaktion, dass es sie anturnte.

„Lass uns von hier abhauen“, murmelte ich gegen ihre halb geöffneten Lippen.

„Okay“, flüsterte sie zurück, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht war so sexy, dass ich keine Sekunde länger hierbleiben wollte. Ich nahm ihre Hand und zog sie hinter mir durch den Laden zur Tür, als der Arsch von vorhin vernehmlich schnaufte.

„Schönen Abend noch“, knurrte er ironisch, „ich mach dann hier wohl alleine fertig.“

Schon allein seine Stimme war wie so eine verdammte Einladung, ihm wehzutun. Esther versteifte sich in meinen Armen und wandte ihm ihr Gesicht zu.

„Ich habe meinen Bereich schon vorhin abgeräumt, Greg. Es wäre schön, wenn du das anerkennst.“

Dein Bereich ist doch nur ein Viertel von dem verdammten Laden“, gab er angepisst zurück und ich streifte mit meinen Lippen Esthers Schläfe. „Geh schon mal vor“, murmelte ich ihr zu. „Ich kümmere mich darum.“

16 thoughts on “Eric – 58

  1. Ich liebe es ja den Roman zu lesen.Mal abgesehen von den Characteten liebe ich Erics unverblümte Sprache.Wie oft Das Wort Arsch einfach in meinem Kopf rumschwirrt wenn ich mich so richtig über irgendwelche blöden Menschen aufrege ( Aber wegen meiner Kids würde ich das ja nie aussprechen) ?

    1. Ja, als Mami sollte man ja nicht fluchen. Kennen wir. Ist aber manchmal gar nicht so leicht, vor allem, wenn wir gerade Erics Kapitel geschrieben haben ;)))

    2. Ich frage mich immer wie das wohl die bad boys als Papa machen. Die gibt es ja schließlich wirklich und auch die werden mal Vater ?
      aber wahrscheinlich ziehen die sich dann auch wieder solche Jungs ran ?

  2. Dass der einfach mal so nebenbei richtige Hits schreibt – das ist unfair. Kann das Song-schreibe-Gen nicht gerecht verteilt werden? ?

  3. Wahnsinn euer Blog Roman ich habe erst vor paar tagen davon gehört und heute gedacht ach komm liest du mal und schwup bin ich schon durch und kann kaum erwarten das es morgen weiter geht. *_*

    1. Jetzt war ich kurz irritiert als ich den Namen gelesen habe weil ich mich nicht daran erinnern konnte, dass ich zu dem Teil einen Kommentar abgegebenen habe?.

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