Eric – 64

Eric – 64

Der Flug nach Hause dauerte ewig. Ich saß in dem beschissenen Privatjet und sah den beschissenen Wolken draußen beim Fliegen zu – und das Einzige, was in meinem Kopf kreiste, waren die verdammten Worte ihrer Freundin, dass sie mit mir reden müsse. Allerdings nicht am Telefon.

„Fuck“, fluchte ich und biss die Zähne zusammen, während sich die Scheiße in meinem Kopf zu einem kackbraunen Brei aus Angst und Selbsthass verdichtete.

Was, wenn Esther es wusste?

Was, wenn die Kleine aus der Bar geplaudert hatte?

Was, wenn ich mein Mädchen jetzt verlor?

Der Gedanke zog mir den Boden unter den Füßen weg und ich klammerte mich an den Lehnen meines Flugzeugstuhls fest.

Wieso zum Teufel konnte ich mich nicht erinnern, was in dieser Nacht passiert war? Wenigstens hatte ich beim Aufwachen noch meine Jeans angehabt.

Vielleicht ist ja gar nichts passiert, versuchte ich mir selbst einzureden und kam mir dabei wie der größte Loser aller Zeiten vor.

„Wir starten jetzt den Landeanflug“, erklang die Stimme des Piloten durch die Lautsprecher und ich spürte, wie sich der Rumpf des Jets leicht nach unten neigte.

Es geht also runter, dachte ich bitter. Wie mein Scheißleben.

 

Kaum war der Flieger auf dem Boden, packte ich meine Tasche und wandte mich zum Ausgang.

„Hey, Eric!“, hörte ich Simons Stimme.

„Was?“, knurrte ich und hoffte, dass sich die verdammten Türen bald öffneten und sie endlich die Treppe runterließen.

„Ich muss mit dir sprechen.“ Simon quetschte sich neben mich und ich hatte in etwa so viel Lust, mit dem Idioten zu reden, wie mir ein Hello Kitty-Tattoo auf die Eier stechen zu lassen.

„Ich aber nicht mit dir“, murrte ich und schlug mit der flachen Hand gegen die Tür. „Könnt ihr das Scheißding endlich aufmachen?“, fauchte ich dann.

„Es ist ein Foto aufgetaucht“, fuhr Simon unbeeindruckt fort.

„Ständig tauchen irgendwelche Fotos auf“, erwiderte ich angepisst und wollte einfach nur raus. Esthers Freundin hatte mich bisher noch nie angerufen. Warum zum Teufel also jetzt?

„Das Foto zeigt deine Freundin“, sagte Simon und hatte mit einem Schlag meine volle Aufmerksamkeit.

„Was redest du da?“, schnappte ich. „Wo?“

Er zog umständlich sein Handy aus der Jackentasche und es dauerte so lange, dass ich ihm das Ding am liebsten aus der Hand gerissen hätte. „Ist erst seit ein paar Stunden online“, meinte Simon. „Offenbar wurde sie gestern von irgend so einem Typen fotografiert, der ihr Bild an eins von diesen Online-Portalen weiterverkauft hat.“

Ich nahm das Handy und starrte regungslos auf das Foto. Es zeigte Esther auf der Straße. Sie blickte über die Schulter direkt in die Kamera und ihr gehetzter Blick ließ meine Pumpe einen Schlag aussetzen. Ihre Haut sah extrem blass aus und sie hatte dunkle Augenringe, als hätte sie seit Tagen nicht geschlafen.

Eric Adams spielt in Vegas einen Song für eine ganz besondere Frau, stand da in fetten roten Buchstaben. Bitte lass es nicht die hier sein.

„Fuck“, stieß ich hervor.

„Du bringst es auf den Punkt“, erwiderte Simon. „Aber mach dir keine Sorgen. Ich bring das wieder in Ordnung.“

Blind vor Hass gab ich ihm sein Handy zurück und zog meines hervor, um Esther anzurufen. Es sprang sofort die Mailbox an. Einen Moment lang hielt ich das Telefon an mein Ohr gepresst, während die Bilder von der Kleinen in der Unterwäsche bei mir hochkamen. Im nächsten Moment legte ich auf, ohne ein Wort zu sagen.

Was war ich nur für ein verdammtes Arschloch.

Der Flieger öffnete endlich die Tür und ich rannte beinahe die Treppe hinunter.

„Alles okay bei dir, Mann?“, hörte ich Cliff mir nachrufen, aber ich reagierte nicht darauf. Ohne mich umzudrehen, joggte ich über das Rollfeld zur gläsernen Ankunftshalle und von dort weiter zu den Taxiständen. Esthers Freundin hatte mir die Adresse von einem Lokal geschickt, in dem sie sich mit mir treffen wollte – und obwohl sich jede verkümmerte Zelle in meinem Körper danach sehnte, direkt zu Esther zu fahren, tat ich es nicht. Zuerst musste ich herausfinden, was mir Flo am Telefon nicht sagen konnte.

Das Taxi brachte mich zu einem kleinen Restaurant, durch dessen Fenster ich schon die rotblonden Locken ihrer Freundin sehen konnte. Rasch bezahlte ich den Fahrer, stieg aus und betrat das Lokal. Dann ging ich zu ihrem Tisch und stellte meine Tasche auf dem Boden ab, bevor ich mir einen Stuhl zurückzog und mich setzte. Flo blickte auf und sah mich an. Sie sah ernst aus, viel zu ernst.

7 thoughts on “Eric – 64

  1. Ich will nicht wieder warten!!!!! Und das wahrscheinlich bis Freitag, weil Esther ja nicht dabei ist und wir dementsprechend Dienstag nix erfahren ?
    Ihr seid soooooooo fies ?

  2. Jetzt hat es mich gepackt … nur gut, dass ich genuegend Lesematerial angehaeuft habe und mir das Warten zwar nicht leichter macht, aber zumindest ablenkt. Ich wuerde sagen … die Story hat was.

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