Eric – 71

Eric – 71

„Sie denken, ich bin zum Spaß hier?“, knurrte ich und begann mich über die Psychotante und ihre pissgelbe Praxis zu ärgern.

„Ich habe keine Ahnung, warum Sie hier sind“, erwiderte die Bulldogge und verschränkte die Arme vor der Brust. „Aber Fakt ist: Sie haben keinen Termin bei mir.“

„Dann bezahl ich eben für den beschissenen Termin.“

Sie zog eine dunkle Braue hoch. „Nicht alles im Leben lässt sich kaufen, Mr. Adams.“

„Nicht mal ein verfluchter Termin bei Ihnen?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Das habe ich nicht gesagt. Sagen Sie mir jetzt endlich, was Sie wollen?“

Ich starrte sie nur an.

„Oder sind es vielleicht gleich mehrere Gründe, die Sie in meine Praxis getrieben haben?“, fuhr sie mit ihrem Psychogelaber fort und legte damit ihren scheiß Finger in die Wunde.

„Was wollen Sie von mir hören?“

„Einfach nur, warum Sie hier sind.“

Ich atmete tief ein. „Wegen meiner … Mutter“, stieß ich dann hervor.

Die Bulldogge setzte sich wieder und sah mich abwartend an.

„Sie will, dass ich was für sie tue.“

„Und möchten Sie das tun?“, fragte sie und zog einen Block hervor, auf dem sie begann, sich Notizen zu machen.

„Nein. – Ich weiß nicht“, sagte ich und blickte auf meine Hände. „Es ist nicht so einfach.“

„Wenn es einfach wäre, säßen Sie ja auch nicht hier“, bemerkte sie nüchtern.

„Eigentlich geht es gar nicht um sie“, fuhr ich fort und merkte, wie es mir zunehmend leichter fiel, mir den ganzen Scheiß von der Seele zu reden. „Sondern um …“

Sie kritzelte noch immer auf dem Block herum und blickte mich dann über den Rand des Papiers hinweg an. „Um wen, Eric?“

Ich dachte an das, was meine Mutter gesagt hatte, versuchte mir vorzustellen, wie das mein Leben verändern würde und konnte doch immer nur Esthers Gesicht vor mir sehen.

„Da ist diese Frau“, begann ich. „Sie ist …“ Ich brach ab. „Sie ist verdammt nochmal perfekt.“

„Und ist sie Ihre Freundin?“, fragte die Bulldogge.

Ich nickte.

„Ist es noch immer die Frau, für die Sie mich mal um drei Uhr morgens aus dem Bett geklingelt haben?“

Mein Mundwinkel zuckte nach oben. „Das wissen Sie noch?“

Sie betrachtete mich nüchtern. „Die besonders schönen Patientengeschichten merke ich mir.“

„Ich will, dass das mit ihr funktioniert“, sagte ich.

„Wie heißt diese Frau?“

„Esther“, erwiderte ich. „Ihr Name ist Esther.“

Die Bulldogge schrieb sich ihren Namen auf. „Wenn Sie wollen, dass es mit Esther funktioniert, werden Sie sie ins Boot holen müssen.“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich will sie von der Scheiße fernhalten.“

„So entsteht keine Nähe, Mr. Adams.“

Ich schnaufte und stand auf. „Ich will nicht, dass sie … dass sie das sieht.“

„Was sieht?“

„Meine verdammten Dämonen. Ich bin ein verdammtes Wrack. Letztens hat meine Mutter angerufen und ich hab mich so zugeknallt, dass ich nicht mehr wusste, ob ich die Barkeeperin gevögelt habe.“

Sie zog eine Braue hoch. „Ein Grund mehr, diesen Dämonen ins Auge zu blicken, Mr. Adams. Sie wurden geschlagen und verlassen, wurden körperlich und seelisch misshandelt.“ Sie machte eine Pause. „Es ist an der Zeit, dass Sie etwas begreifen. Nicht Sie haben etwas falsch gemacht, Eric – sondern Ihre Eltern.“

„Das ist mir klar“, presste ich hervor.

„Gut“, sagte die Bulldogge. „Dann können Sie ja auch ab sofort damit aufhören, Ihre Beziehungen zu sabotieren, nicht wahr, Mr. Adams?“

8 thoughts on “Eric – 71

  1. Therapeutin ist wirklich klasse. Ich staune immer wieder, dass die Autorinnen so gut wissen, wie die Psychologen arbeiten. Muss man da recherchieren oder ist ein Schriftsteller selbst ein guter Psychologe?

    1. Liebe Alja, wir finden das Thema Psychologie beide ziemlich spannend, insofern machen uns diese Szenen selbst auch immer großen Spaß 🙂
      Viele Grüße, Ulli & Carmen

  2. Hallo, bin über die 17 Reihe auf euren Blog und so auf den Blogroman gestoßen. Musste ihn jetzt erst in einem durchlesen, so spanend war es und ich wollte wissen, wie es weitergeht. Jetzt kommt die 8 Sinne Reihe dran. Die Kommentare haben mich schon sehr neugierig gemacht.
    Jetzt fängt bei mir auch das warten an und kann es nun nachempfinden, wie schwer das ist. Danke das ihr das macht und so toll schreibt. LG Sabine

  3. Die Therapeutin ist spitze!! Immer schön nachhaken und ihn zur Vernunft bringen. Esther wird es ihr danken!!
    Toller Blog!!

  4. Ja, vielleicht sollte Jeder einen Therapeuten aufsuchen, um sozusagen in der Seele mal ordentlich aufzuräumen. Was sich im Laufe eines Lebens da so alles an Müll ansammelt! Und mal ehrlich, das meiste davon bemerken wir noch nicht einmal. Tja leider haben die Mehrheit auch nicht das Buget eines Rockstars. Ausserdem muss man erstmal einen wirklich guten Therapeuten finden. Bin so gespannt, wie es mit den Beiden weitergeht. Habe sie richtig in mein Herz geschlossen. Einfach unglaublich, was Ihr Beide da erschaffen habt. Ihr habt es wirklich drauf!! Immer weiter so „Rose Snow“!!!Danke????

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