Eric – siebenundvierzig

Eric – siebenundvierzig

„Eric wer?“, fragte die Frau am anderen Ende der Leitung und ich dachte, dass es eine beschissene Idee gewesen war, bei ihr anzurufen.

„Adams. Eric Adams. Das Arschloch“, half ich ihr auf die Sprünge und wartete kurz. Die Bulldogge reagierte einen Moment lang gar nicht, bevor sie sich stöhnend im Bett aufsetzte. Zumindest glaubte ich das, denn ich hörte durch das Telefon Bettfedern quietschen.

„Ich hoffe, ich habe Sie nicht bei etwas gestört“, sagte ich hart, einfach nur deshalb, weil mir das leichter fiel als der ganze sentimentale Scheiß, der gerade in meinem Inneren tobte.

„Sie haben mich beim Schlafen gestört“, sagte die Bulldogge ruhig. „Aber davon sind Sie sicher ausgegangen, wenn Sie um ein Uhr Morgens bei mir anrufen. Also, was kann ich für Sie tun?“

Die Frage überforderte mich, alles überforderte mich. Ich stand da im Mondschein auf dem Rasen vor Esthers Haus und hatte keine Antwort.

„Ich weiß es nicht“, sagte ich schließlich.

„Wollen Sie mich dann vielleicht morgen Früh nochmal anrufen, wenn es Ihnen eingefallen ist?“, fragte die Bulldogge.

„Es gibt da dieses Mädchen“, sagte ich schnell. Lieber nicht nachdenken und einfach quatschen, dafür war sie doch da, dafür bezahlte ich sie schließlich. „Ich hab Angst, es zu verkacken.“

„Alle haben Angst, es zu verkacken, Eric“, sagte die Bulldogge.

„Ist das ihr therapeutischer Rat? Soll mich das etwa beruhigen?“, fragte ich.

„Wollen Sie denn, dass ich Sie beruhige?“, fragte sie zurück.

Ich atmete tief durch. „Geht es auch ohne diese scheiß Gegenfragen?“

„Geht schon“, meinte sie trocken. „Ist aber nicht so effektiv. Wissen Sie, warum ich Ihnen diese Fragen stelle, Eric?“

„Weil es Ihnen Spaß macht?“

„Vielleicht ein bisschen. Aber der wahre Grund liegt woanders. Der wahre Grund ist, dass alle Antworten, die Sie suchen, nur an einem einzigen Ort zu finden sind, Eric.“

„In meiner verfluchten Kindheit?“, fragte ich hart.

„Nah dran“, erwiderte sie. „Allerdings gehört Ihre Kindheit der Vergangenheit an. Sie ist gewissermaßen schon tot, Eric. Aber Sie, Sie leben noch. Und in Ihnen lebt auch die Antwort auf alles, was Sie über sich selbst wissen wollen.“

Ich redete über zwei Stunden mit der Bulldogge. Und zum ersten Mal in meinem abgefuckten Leben, hatte ich das Gefühl, dass an dem Therapeutenkack doch was dran sein könnte. Sie stocherte mit ihren Fragen genau in die tiefsten und dunkelsten Löcher, und obwohl sich das unglaublich beschissen anfühlte, war es irgendwie auch das, was ich wollte. Ich hatte es satt, in den Spiegel zu sehen und den kaputten Typen darin zu verachten. Ich wollte in der Lage sein, eine Beziehung zu haben. Ich wollte in der Lage sein, mit der unglaublichsten Frau, die mir je begegnet war, Sex zu haben und nicht wie ein Schlappschwanz abzuhauen, weil mich dieses beschissene Loch in meiner Seele auffraß.

Als ich irgendwann auflegte, war ich genauso fertig, wie wenn ich die ganze Nacht mit den Jungs gespielt hätte, aber es war keine angenehme Erschöpfung, sondern eher so, als hätte man mich einmal vom 10-Meter-Brett geworfen, durchgekaut und danach nochmal ausgekotzt.

So konnte ich unmöglich zu ihr zurück und ich ging um das Haus herum in die Einfahrt, stieg in meinen Wagen und fuhr durch die Straßen. Ich versuchte mir vorzustellen, wie Esther hier zur Schule gegangen war und irgendwann diesen bescheuerten Typen kennengelernt hatte, und fuck, das fühlte sich nicht gut an. Ich wollte sie für mich, sie sollte mir gehören, und als irgendwann die Sonne zwischen den Bäumen aufging, wurde mir bewusst, wie lange ich schon weg war. Fluchend drehte ich um und fuhr zurück zu ihrem Elternhaus. Die waren wahrscheinlich alle schon wach, saßen beim Frühstück, und wunderten sich, was mit mir los war.

Doch als ich zurückkam, saß niemand beim Frühstück. Das Haus war leer.

Ihr Lieben,
nachdem wir nun mehrmals darum gebeten wurden, gibt es unseren Blogroman nun auch als Ebook!
Er heißt „Groupie wider Willen“ – und zu finden ist er hier.
(Fühlt euch jedoch bitte nicht verpflichtet, das Ebook zu kaufen – wir werden bis Anfang Januar weiterhin unseren Blogroman wie gewohnt posten!)
Alles Liebe,
Carmen & Ulli

PS: Weil wir jetzt öfters darauf angesprochen wurden – Mitte Januar gehen Eric und Esther in die zweite Runde, es geht also weiter! 🙂

10 thoughts on “Eric – siebenundvierzig

  1. OMG! Endlich gibt es den Blogroman als Ebook und ich muss ihn nicht jede Woche 2x mal wie bekloppt ausdrucken? xD Wie ich ihn liebe <3
    Ohh aber andererseits kann ich doch jetzt nicht einfach weiterlesen…dann ist mein nächster Dienstag nicht halb so schön 😀
    Ich hoffe er kommt auch noch als Print?

    Liebe Grüße,
    Vicky

  2. ach ich weiß nicht..vorfreude ist doch die schönste freude.. 🙂 so kann ich mich immer auf dienstag und freitag freuen!
    war das denn die „weihnachtsüberraschung“?

    lg
    dinah

  3. Ihr Lieben,

    bis Anfang Januar wird der Blogroman ein erstes Ende finden, denn ein Abschnitt findet seinen Abschluss. Aber da wir so viel Spaß daran haben, aus der Sicht von Eric und Esther zu schreiben, wird es weitergehen.

    Schöne Weihnachten!
    Alles Liebe, Carmen & Ulli

  4. Ich liebe Eure Bücher und musste mir natürlich sowohl Blogroman als auch Kurzgeschichte sofort holen 🙂 Tolles Cover von „Groupie wider Willen“!

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