Esther – 77

Esther – 77

Ich glaubte nicht richtig zu hören und langsam war es auch wirklich genug. Krankheit hin oder her, die Kleine konnte sich hier nicht aufführen wie ein durchgeknallter Teenager, der Eric einfach nur beleidigte.

Doch Eric grinste nur. „Gut beobachtet“, sagte er. „Liegt vielleicht in den Genen.“

„Wir haben nicht dieselben Gene“, gab sie zurück.

Eric lehnte sich zurück und schien plötzlich viel entspannter zu sein. „Na, was willst du dann von mir?“, fragte er gelassen.

Sie leckte die Gabel ab, der Schokokuchen schien ihr zu schmecken, wenngleich er auch nicht direkt ihre Stimmung hob.

„Ma hat gesagt, ich muss mich mit dir treffen.“

Eric schnaubte kurz und seine Augen verengten sich. „Und tust du immer alles, was deine Ma dir sagt?“

Zoe presste die Lippen zusammen. „Es ist mir egal, wer du bist. Ich werde deswegen nicht nett zu dir sein.“

Eric nickte. „Wer bin ich denn?“, fragte er.

„Nur weil du ein Rockstar bist und mein Halbbruder sein sollst, muss ich nicht nett zu dir sein.“

„Natürlich nicht“, bemerkte er kühl. „Deswegen bezahlst du deinen Schokokuchen auch selbst.“

Zoe stockte kurz. Ich wusste nicht, womit sie gerechnet hatte, vielleicht mit einem Eric, der glaubte, sich alles und jeden auf der Welt kaufen zu können, mit einem affektierten Eric, der sich über sie stellte und sich trotzdem schon immer eine kleine Schwester gewünscht hatte – aber sie hatte sicher nicht mit einem Eric gerechnet, der den ganzen Apfelkuchen kaufte und sie ihre Schokotorte dann selbst bezahlen ließ.

Zoe schluckte. „Du bist ein Arsch.“

Eric nickte. „Erzähl mir was Neues.“

Zoe sah Eric unbeirrt an und was hätte ich darum gegeben, jetzt in ihren Kopf blicken zu können.

„Ich bin krank“, sagte sie und reckte das Kinn nach oben. Sie sagte es beinahe mit einem Hauch von Stolz, so als wäre es etwas Besonderes, etwas, weswegen Eric netter zu ihr sein musste, während sie rauslassen konnte, was immer sie wollte.

„Sind wir nicht alle krank?“, fragte Eric nüchtern zurück und trank einen Schluck von meinem Kaffee.

„Du auf alle Fälle“, erklärte sie bissig. „Aber eben auf eine andere Art.“ Sie nippte an ihrer Cola, und ihre Augen fixierten die ganze Zeit über Eric. „Aber ich bin wirklich krank. Und ich werde wahrscheinlich sterben.“

„Das werden wir wohl alle. Früher oder später“, bemerkte Eric trocken und es war klar, dass er die Mitleidskarte nicht gelten lassen wollte. Zumindest nicht vor Zoe, denn ich war sicher, dass er tief drinnen anders empfand. Die kühle Fassade, die er hier gab, war nicht er. Nicht wirklich.

„Dann bin ich wohl eher früher dran“, sagte Zoe und eine Traurigkeit schlich sich in ihr Gesicht – es war das erste Mal, dass sie uns ein wenig an sich ranließ.

Ich stocherte in meinem Apfelkuchen herum und obwohl ich sie nicht kannte und nichts über sie wusste, machte es mich traurig, dass Zoe krank war.

„Und jetzt willst du von mir eine Spende“, unterbrach Eric die Stille.

Zoe schüttelte den Kopf. „Die Ärzte meinten, dass es die schnellste Möglichkeit ist. Die Warteliste ist lang und von einem“, sie stockte kurz, „Familienangehörigen ist es am Einfachsten.“

„Und warum macht das nicht deine“, Eric zögerte einen Sekundenbruchteil, „Ma?“,

Zoe zuckte mit den Schultern und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Passt irgendwie nicht.“

„Und dein Vater?“, fragte er.

„Passt irgendwie auch nicht.“

„Das Gefühl kenne ich“, sagte Eric mehr zu sich selbst als zu Zoe.

„Mein Pa ist vor ein paar Jahren ausgezogen, zu seiner Neuen“, erklärte sie. „Jetzt war er wieder da und sie hatten einen irren Streit, von wegen ob ich wirklich seine Tochter sei und sie wurden ziemlich laut und … keine Ahnung.“

In Erics Blick veränderte sich etwas.

„Du musst dich auch nicht untersuchen lassen“, murrte Zoe in dem Moment, „ich mache es nur, weil meine Ma unbedingt wollte, dass ich mich mit dir treffe.“ Und dann ging die Tür auf und ihr Blick ruckte zum Eingang. Ich drehte mich in dieselbe Richtung und auch Eric tat es – und in seinem Gesicht sah ich einen Ausdruck, den ich noch nie zuvor gesehen hatte.

4 thoughts on “Esther – 77

  1. Oh je, ich ahne böses. Hoffentlich bleibt Eric jetzt ruhig und dreht nicht durch.

    Ihr macht es aber auch wieder spannend….

  2. Ahhhhh hilfe ich bekomm Angst.!! Eric reiß dich zsm wenn das deine gott verdammte Mutter ist. Pleas!!! Übertreib bitte nicht und geh nicht einfach!

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