Esther – dreiundvierzig

Esther – dreiundvierzig

„Hast du schon gehört? Eric Adams soll hier sein!“, flüsterte mir Mary von der Seite zu, die ich vorhin kurz in der Mensa getroffen hatte.

Ich verschluckte mich beinahe an meinem Brötchen.

„Was?“, brachte ich mühsam hervor.

Sie nickte und sah mich mit glänzenden Augen an. „Katie hat mir vorhin eine SMS geschrieben. Zuerst dachte ich, sie will mich verarschen, aber dann hab ich die Leute gesehen.“ Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und sah hinüber zum Parkplatz, wo ich jetzt tatsächlich den Kotflügel eines schwarzen Porsches aufblitzen sah. Mein Herz machte einen Satz und klopfte dann so schnell weiter, dass ich das Gefühl hatte, es wolle mir aus der Brust springen.

„Esther? Alles okay?“, fragte Mary und griff nach meinem Arm. „Du bist so blass.“

„Alles … alles in Ordnung“, murmelte ich wünschte, mein Körper würde nicht so einen Aufstand machen. Allerdings hörte mein Körper kein bisschen auf mich. Stattdessen fühlten sich jetzt auch meine Knie weich wie Pudding an.

„Was ist denn hier los?“, fragte eine männliche Stimme hinter mir, die zu unserem Dozenten gehörte. Er hatte mich heute während seiner Vorlesung des Öfteren intensiv gemustert und war so ziemlich der letzte Mensch, mit dem ich jetzt über Eric sprechen wollte.

„Eric Adams ist hier“, flüsterte Mary und falls möglich, steigerte sich der Glanz in ihren Augen noch weiter.

„Dieser Musiker?“, fragte der Dozent mit zusammengezogenen Augenbrauen. „Was hat der hier verloren? Will er sein versäumtes Studium nachholen?“

Ich erwiderte nichts. In die Menschengruppe am Parkplatz kam jetzt Bewegung und ich sah Eric, der sich zwischen den Leuten hindurchschob. Er war wie immer schwarz gekleidet und bei seinem Anblick begann mein Magen Purzelbäume zu schlagen. Er blickte sich suchend auf dem Campus um und Mary krallte sich an meinem Arm fest.

„Oh. Mein. Gott. Er ist es wirklich!“, flüsterte sie mit einer Stimme, die mehrere Oktaven höher war, als sonst.

Erics Blick glitt noch immer zwischen den verschiedenen Menschen umher, bis er in meine Richtung schweifte und sich an mir festsaugte. Als sich unsere Augen trafen, hatte ich das Gefühl, von einem elektrischen Blitz durchzuckt zu werden.

„Er sieht zu uns rüber“, hauchte Mary und ich war mir nicht sicher, was sie als nächstes tun würde, da Eric sich in Bewegung setzte und mit langen Schritten auf mich zukam.

Ich fühlte mich wie erstarrt und zum ersten Mal konnte ich nachempfinden, wie es einem Reh auf der Autobahn ging. Ich wollte weg, wollte meine Beine in Bewegung setzen, aber ich blieb wie angewurzelt stehen, während er immer näher kam. Und obwohl ich wusste, dass mich kein Aufprall erwartete, hatte ich trotzdem Angst vor dieser gewaltigen Macht, die er über mich hatte. Ich stand hier, unfähig, den Blick von ihm zu nehmen, und hatte das Gefühl, das sich mein ganzes Selbst, meine ganze Persönlichkeit, gerade in Luft auflöste.

„Eric“, sagte ich, als er knapp vor mir stehenblieb.

„Esther“, erwiderte er mit dieser unfassbar sexy Stimme, die mir eine Gänsehaut über die Arme jagte.

„Du … kennst ihn?“, quiekte Mary und ich versuchte, die Schmetterlinge in meinem Bauch wegzuatmen und wenigstens ein bisschen Coolness zurückzugewinnen.

„Flüchtig“, erwiderte ich.

„Mehr als flüchtig“, sagte er und kam noch einen Schritt näher.

„Sie verursachen hier einen ganz schönen Wirbel“, sagte unser Dozent kühl und ich warf ihm einen irritierten Blick zu. Ich hatte ganz vergessen, dass er hier war.

„Passiert Ihnen mit Sicherheit nie“, erwiderte Eric genauso kühl und streifte ihn mit einem abfälligen Blick.

Der Dozent schnaubte verärgert und Mary hielt den Atem an, während sie zwischen den beiden Männern hin und her sah.

„Esther“, sagte Eric und griff nach meiner Hand. „Ich hab mich gestern wie ein Idiot aufgeführt. Ich hoffe, du gibst mir noch eine Chance, das bei einem zweiten Date wieder auszubügeln.“ Die Berührung seiner Finger schickte kribbelnde Stromstöße durch meinen ganzen Körper und ich konnte nichts anderes tun, als ihn anzustarren.

Mary blickte mit aufgerissenen Augen zwischen uns hin und her. Dann beugte sie sich zu mir rüber. „Das ist der Moment“, flüsterte sie mir ins Ohr, „wo du verdammt noch Mal ja sagen musst.“

15 thoughts on “Esther – dreiundvierzig

  1. Und jetzt heißt es wieder auf Freitag warten… Hoffentlich sagt sie ja

    Bitte schreibt die Szene nicht nur aus seiner Sicht, sondern auch ein wenig weiter

  2. Ich hatte das Pech – oder Glück, erst gestern mit dem Blogroman begonnen zu haben. So konnte ich aber alle Folgen in einem Rutsch lesen! Wie soll ich denn jetzt die Wartezeit auf die nächste Folge aushalten???

  3. Hallo
    Ich liebe Ihre Bücher und ich freue mich die Geschichte die ich jeden Dienstag und Freitag hier lese und hoffe für die beiden das der Kuss bald kommt ?

    Ihr neues Buch habe ich sofort gelesen und bin sehr gespannt wie es da weiter geht !!!!!!!

    Liebe Grüße

  4. Ihr Lieben,
    hach, es tut so unglaublich gut, eure Kommentare zu lesen!!
    Wir freuen uns total, dass ihr so dabei seid – danke dafür!!!
    Alles Liebe, Carmen & Ulli

  5. Hallo,

    ich möchte mich an dieser Stelle mal über die TOLLE Geschichte bedanken!!! Für mich sind Dienstag und Freitag nun immer meine LIEBLINGSTAGE :o)
    Die Bücher finde ich schon richtig spannend und nun diese Romanze hier immer weiterlesen zu dürfen ist einfach wunderbar.
    DANKE
    Liebe Grüße aus Hessen

  6. ich leide- ich leide wirklich, ich versuche mich von der Seite fernzuhalten, damit ich zwei Kapitel zusammen lesen kann um nur einen dieser Cliffhanger ertragen zu müssen. Ihr reißt mich total mit <3

  7. Hallo Celine, das ist schön (also für uns :)) – wir hoffen, dir gefällt das neue Kapitel & wünschen dir ein wunderschönes Wochenende!

Schreibe einen Kommentar zu Melanie Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back To Top