Eric – 94

Eric – 94

„Ich habe was?“, fragte ich und versuchte zu checken, was hier los war.

„Du hast ihren Namen gestöhnt.“ Ihre braunen Rehaugen sahen mich so verletzt an, als hätte ich soeben ihre Katze überfahren. „Und du hast gemurmelt, dass du darauf stehst, sie flachzulegen.“

„Ich war besoffen“, erwiderte ich ruhig während ich meine Klappe gleichzeitig dafür verfluchte, im Schlaf aufgesprungen zu sein. „Das hat nichts zu bedeuten.“

„Ach, hat es nicht?“ Sie verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. „Es hat nichts zu bedeuten, wenn der eigene Freund im Schlaf den Namen einer anderen Frau stöhnt, wohlgemerkt eines bildhübschen Unterwäschemodels, und mit ihr am liebsten Sex haben würde?“

Der Ton in ihrer Stimme war anders, viel zu schrill, was vielleicht am Alkohol lag, der noch immer in meinem Körper war und alles etwas verzerrte, oder an den Kopfschmerzen, die plötzlich wie ein Presslufthammer gegen meine Stirn donnerten.

Ich sah ihr tief in die Augen. „Esther, ich hab keine Ahnung, was ich da von mir gegeben habe. Fakt ist, dass ich es liebe, Sex mit dir zu haben und nicht mit Natascha. Das kannst du mir glauben.“

„Das würde ich gerne.“

„Wie bitte?“

„Eric“, seufzte sie. „Ich kann verstehen, wenn du noch immer auf Natascha abfährst – selbst ich würde auf sie abfahren, wenn ich auf Frauen stehen würde.“

„Aber ich stehe nicht auf sie“, erwiderte ich eindringlich. Langsam ging mir die Unterhaltung mächtig auf den Sack. „Ich stehe nicht auf sie, ich will sie auch nicht mehr flachlegen, ich will nur noch dich flachlegen. Wenn du willst auch gerne jetzt und sofort.“

Ich grinste und versuchte die Situation damit zu entschärfen, aber jedes Wort von mir schien es noch schlimmer zu machen, wie bei einem Auto, das gleich an den Baum knallen würde: es war nicht mehr aufzuhalten, das Unglück würde kommen.

„Du willst jetzt mit mir schlafen?“, fragte sie irritiert.

„Esther, ich will immer mit dir schlafen“, entgegnete ich und versuchte den Kopfschmerz zu ignorieren, der viel zu stark war. Was hatte ich gestern alles getrunken? Hatte ich auch etwas von dem Zeug eingeschmissen, von dem Cliff geschwafelt hatte?

„Das ist definitiv nicht der richtige Zeitpunkt“, sagte sie schroff und zog sich ihr T-Shirt lang, so als müsse sie sich vor mir schützen. Ich fühlte, wie mich diese Geste wütend machte, ich würde doch nie etwas gegen ihren Willen tun, ich war nicht einer von den Typen, vor denen Frauen Schiss haben mussten.

„Esther“, versuchte ich es nochmal. „Es war nur ein Traum, keine Ahnung, was ich geträumt habe. Vielleicht hat die Begegnung mit Natascha irgendwelche Erinnerungen in mir wachgerüttelt, aber es hat wirklich nichts zu bedeuten. Absolut gar nichts, das musst du mir glauben.“

Sie nickte schon wieder so stumm und ich wusste nicht, ob ich sie in den Arm nehmen durfte oder nicht. Diese beschissene Situation überforderte mich, und am liebsten wäre ich gleich abgehauen, direkt durch die Tür, denn diese komplizierten Gespräche waren nichts für mich, verdammt, die Scheiße wollte ich nicht.

„Sie möchte wieder mit dir zusammen sein“, sagte Esther.

„Wer? Natascha?“

„Ja.“

„Das ist mir scheißegal, ich will bei dir sein, und du bist süß, wenn du eifersüchtig bist.“

Sie sah mich an und in ihren Augen funkelte es, aber es war nicht das gute Funkeln, sondern eins von der hässlichen Sorte. „Eric, vielleicht fühlst du etwas, was du dir selbst nicht eingestehst“, setzte sie an. „Ich habe dich heute schließlich gehört. Vielleicht hast du noch Gefühle für Natascha und du solltest das vielleicht klären, bevor wir …“

„Bevor wir was?“, knurrte ich und spürte, wie das Adrenalin durch meinen Körper pumpte. Die Kopfschmerzen waren ein Scheiß gegen das, was sich jetzt in meinem Kopf abspielte.

Sie strich sich ihre blonden Haare zurück. „Ich meine nur, vielleicht solltest du es einfach vorher klären.“

In dem Moment brummte mein Handy, ich zog es aus meiner Hosentasche, es war schon wieder Chris, der auch glaubte, etwas über mich zu wissen, das nicht stimmte. Der glaubte, dass ich mich mit meiner Mutter jemals aussprechen konnte. Doch da gab es nichts auszusprechen, nicht dort, und nicht hier.

„Ich muss hier nichts klären“, sagte ich hart. „Ich weiß, was ich fühle.“ Und dann schnappte ich mir meine Jacke, und verschwand, so schnell ich konnte.

6 thoughts on “Eric – 94

  1. So eine verkniffene Scheiße….wieso träumt er denn überhaupt von Ihr! Also ich würde das auch hinterfragen….arme Ester….Erik kann einem ebenfalls leidtun, denn er hat bewusst ja nix verbrochen. Das Unterbewusstsein hat ihm echt eins ausgewischt?

  2. … und genau jetzt wo es spannend wird (das sind die Momente wo ich meinen Tablet nicht mehr aus der Hand legen kann) schon wieder warten wie es weiter geht. Aber Spass beiseite … ich freue mich auf die Fortsetzung. Lese zwar lieber alles in einem Rutsch durch, aber so bleiben die Gehirnzellen in Bewegung.

  3. Gar nicht gut! Aber ich wäre an Esthers Stelle auch verletzt und würde die Gefühle von Eric in Frage stellen.
    Hoffentlich bekommt er das wieder hin.

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